Die Autorin des preisgekrönten Beitrags, der im Duży Format veröffentlich wurde, stellt das Problem der Bewohner des Länderdreicks Deutschland-Polen-Tschechien dar. Die Vertreter der drei Nationen hegen verschiedene Ängste, deren Ursprung gleich ist – die Erweiterung des Tagebaus Turów. Wenn PGE die Konzession für den Kohleabbau verlängert, können die Ängste der Bewohner Wirklichkeit werden.
Die polnische Ortschaft, in der Krzysztof, der erste Held des Beitrags lebt, kann vollständig in einem Loch versinken. Der nächste, Milan aus Tschechen, wird einem kompletten Mangel an Wasser, das durch den Tagebau verschlungen werden wird, ins Auge sehen müssen. Horst aus Deutschland sieht wiederum schon heute die Folgen der Baggerarbeiten, durch die in seinen Hauswänden Risse entstehen.
In ihrem Beitrag betonte Kijek nicht nur die positiven Folgen einer Fortsetzung des Tagebaus, sondern auch die wahrscheinlichen negativen Folgen seiner Schließung. Das Grenzgebiet ist in einer ausweglosen Situation, und das Thema Tagebau vereint und trennt zugleich die Bewohner der drei Nachbarländer.
Unter den anderen nominierten Beiträgen befand sich u.a. Stoewers »Rückkehr« nach Stettin von Markus Nowak. Der Autor beschreibt die 1945 beendete Geschichte einer zu dieser Zeit berühmten, in Stettin hergestellten Automarke. Vor dem Zweiten Weltkrieg war Stoewer der drittgrößte Autohersteller Deutschlands. Nach dem Krieg gründete der deutsche Sammler Manfred Bauer in Wald-Michelbach ein Museum, wo man nicht nur Stoewers Autos sondern auch über eintausend andere Exponate von Stoewer bewundern konnte, darunter Werbematerialien und Nähmaschinen. Dank einer deutsch-polnischen Vereinbarung zwischen Bauer und dem Technikmuseum Stettin befindet sich die Sammlung nun in Stettin, d.h. an einem Ort, wo Stoewer entschieden hingehört, so Bauer.
Der nächste nominierte Beitrag, Bonum Domum von Katarzyna Wolnik-Sayna, betont die deutsch-polnische Freundschaft. Die Autorin sprach mit Joanna, der Eigentümerin eines Jagdschlosses bei Stettin, das früher einmal der Familie von Dewitz gehörte. Joanna kam von Schlesien nach Stettin um das Schloss zu kaufen, das eine gründlichen Renovierung benötigte. Ihre Absicht war es, das Schloss zu restaurieren, um einen freundlichen Ort für Menschen zu schaffen, die einsam sind oder Ruhe und Pflege brauchen. Obwohl sie anfangs kein Deutsch sprach, kann sie sich heute mit den älteren deutschen Gästen ihres Schlosses verständigen. Sie organisiert auch Bälle für die Bewohner, und schafft so eine freundschaftliche Atmosphäre für Deutsche und Polen.
Joanna Skoniecznas Die Grenzregion in Quarantäne ist wiederum eine Reportage über das Leben der Bewohner der deutsch-polnischen Grenzregion in Pommern. Frustriert von der Unmöglichkeit zu pendeln, wegen der Trennung von ihren Nächsten und der Angst vor finanzieller Instabilität, haben sie einen Protest organisiert, bei dem sie für die Aufhebung der Grenzbeschränkungen für Menschen argumentierten, die ihr Leben zwischen den beiden Ländern teilen. Sie zeigen auch, dass es notwendig ist, neue Lösungen zu entwickeln, die an die Besonderheiten des Lebens im Grenzgebiet angepasst sind. Unter den Rufen der Unzufriedenheit erzählen die von den Verboten am meisten betroffenen Menschen ihre Geschichten. Gleichzeitig betonen sie, dass „ihr Alltag wie ein Zopf ist – ineinander verflochten“. Daher dürften hohe Strafen und starre Vorschriften nicht dazu benutzt werden, Menschen plötzlich dazu zu zwingen, einen seiner Teile aufzugeben.
In der Folge des Podcast Dorf Stadt Kreis – gute Geschichten aus MV analysieren Anette Ewen und Thomas Nedler, wie die Grenze, die für viele Polen und Deutsche in der Region Pommern zu einer unwirklichen Linie auf der Landkarte geworden ist, sich plötzlich zu erkennen gab. Die kulturelle Mosaik, die bisher ein komfortables Miteinander sicherte, wurde mit der Pandemie und den einhergehenden zahlreichen Schwierigkeiten auf eine Probe gestellt. Herausforderungen in solchen Bereichen wie Verwaltung, Transport, Industrie und sogar der tägliche Lebensmitteleinkauf lassen die Erinnerung an eine scheinbar längst überwundene Kluft wieder aufleben. Werden sie als nächstes zu Abneigung und Angst führen, oder bieten sie vielleicht eine Chance, moderne Handlungsschemata in Krisensituationen für Grenzregionen zu entwickeln? Die Journalisten werfen einen vielschichtigen Blick auf diese Themen und bemerken dabei, wie herzlich die Beziehungen zwischen den Nationen in den letzten 12 Jahren geworden sind.
Olivier Bilgers Ode an die Freunde, erschienen in den Potsdamer Neusten Nachrichten, zeigt anhand des von Marta Szuster initiierten Protestes die Schwierigkeiten der Grenzlandbewohner angesichts der COVID-19-Pandemie. Die ineinander verwobenen Geschichten von scheinbar grundverschiedenen Menschen zeigen das harmonische Miteinander von Deutschen und Polen in der Region Pommern. Die Organisatorin der von Bilger beschriebenen Demonstration hat ernsthafte Bedenken wegen der wieder Gestalt annehmenden verwaltungsrechtlichen und mentalen Grenze zwischen beiden Ländern. „Wir wollen nicht, dass unser Leben in zwei Hälften gerissen wird“, betont sie und verweist damit auf die schwierigen Entscheidungen jener, die verschiedene Bereiche ihres Lebens frei zwischen den Staaten aufteilen.
Die Beiträge der dieses Jahr in der Kategorie „Journalismus in der Grenzregion“ nominierten Journalisten thematisieren nicht nur die vielen gesellschaftlichen Herausforderungen, denen wir im Zeitalter der COVID-19-Pandemie und der Klimakrise die Stirn bieten müssen, sondern bergen auch eine wichtige Botschaft über die Notwendigkeit eines harmonischen Zusammenlebens und gegenseitiger Hilfe. Sie bilden eine vielschichtige Erzählung über die Vergänglichkeit einer Welt ohne Grenzen, an die sich das moderne Europa so leicht gewöhnt hat. Die Besonderheit des Lebens an der Grenze ist ein Vorwand, um wesentliche Schwierigkeiten zu zeigen, mit denen sich sowohl die Polen als auch die Deutschen konfrontiert sehen, und sie gleichsam wie in einem Brennglas zu fokussieren.
Von: Wiktoria Kolinko, Karolina Wasiczek