Laudatio auf Pia Rauschenberger

Nominierte und Preisträgerin. Fot. Hans Scherhaufer

Von allem war etwas zu hören bei diesem 22. Durchgang zum Tadeusz-Mazowiecki Journalistenpreis
Kurzbeiträge, Langbeiträge und irgendetwas dazwischen. Sendungen, die sich mit der deutsch-polnischen Geschichte auseinandersetzen oder auch und vor allen Dingen mit aktuellen Entwicklungen.
Ich bin der Jury außerordentlich dankbar, dass wir nach einer lebhaften Debatte hier in Breslau uns für einen kurzen Beitrag entschieden haben, dazu noch für ein junges Radioformat!
„Kaum gestohlen, schon in Polen!“ lautet ein geflügeltes Wort, dass genauso blöd ist wie das Bild des deutschen Bietrinkers der in Lederhosen ständig Leute belästigt. Aber Vorurteile halten sich zäh.
Daran mögen die Autoren auch gedacht haben, als sie die Geschichte eines Fahrraddiebstahls erzählt haben, der sich in Berlin ereignet hat und nach Polen führt. Was die Diebe nicht ahnen ist der Umstand, daß das Rad mit GPS ausgestattet und jederzeit für den Bestohlenen zu orten ist. Also machen sie sich auf den Weg, das Rad zurückzuholen. Aber je länger sie suchen umso unwichtiger wird der Gegenstand, das Rad. Viel interessanter ist der Weg dorthin. Und viel wichtiger wird die Geschichte, die dahintersteckt. Und die endet völlig anders als erwartet. Denn alte und neue Besitzer sind gleichermaßen geschädigt. Den einen wurde es in Berlin geklaut, den anderen in Warschau als rechtmäßig verkauft, was sich hinterher als Betrug ausweist. Und wie geht das Ganze aus? Gut natürlich, weil mittlerweile ein ganz anderes Interesse in den Vordergrund rückt. An die Stelle des Materiellen tritt das Persönliche. Das könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.
Die Geschichte ist schnell und knackig erzählt in einer jugendlichen Frische mit viel Sprachwitz und Freude am Wort. Das braucht keine 45 Minuten, sondern kommt wesentlich schneller auf den Punkt.
Ich persönlich freue mich besonders in diesem Jahr darüber. Das Radio ist in einem guten Zustand und ich ziehe mich völlig entspannt aus der Jury zurück mit einem herzlichen Dankeschön an alle, die mich in den letzten Jahren unterstützt und meinen fachlichen Rat zumindest vernommen haben. Damit verbunden ist ein Riesenkompliment für die diesjährige Preisträgerin, für Pia Rauschenberger und für ihre Serie „Fahrraddiebe“, ausgestrahlt bei Deutschlandfunk Nova. Das macht Hoffnung, das gibt Mut, dem Radio immer wieder Gehör zu verschaffen. Herzlichen Glückwunsch an alle, die daran mitgearbeitet haben!
Jürgen Hingst, Schwerin, den 3.6.2019