Bereits zu Beginn der Diskussion waren sich die Gesprächspartner einig, dass die sozialen Medien, obwohl sie seit über einem Jahrzehnt funktionieren, vielen Künstlern und Journalisten ein neues und unbekanntes Werkzeug zu sein scheinen. Manche Menschen haben Angst davor, sie zu benutzen und in der digitalen Welt aufzutreten. Alle Diskussionsteilnehmer waren der Meinung, dass das Internet eine große Chance bietet, eine eigene journalistische Marke zu entwickeln und ein breites Publikum zu erreichen. Gleichzeitig betonten sie, dass es für die Arbeit eines Journalisten nicht frei von Bedrohungen und Fallen ist.
„Digitale Plattformen sind nicht neutral. Sie werden durch komplizierte und sich ständig ändernde Algorithmen gesteuert“, so Prof. Ulrike Klinger. Sie betonte auch, dass die sozialen Medien nicht für gesellschaftliche Diskussionen geschaffen sind. Sie argumentierte: „Wenn Facebook angibt, dass soziale Kontakte wichtiger sind als lokale Nachrichten, dann werden solche Informationen auf Facebook beworben und andere werden ausgelassen“.
Daniel Zoll argumentierte, dass die sozialen Medien mit jedem Jahr immer mehr in unser Leben eindringen, weshalb Journalisten dem Zeitgeist folgen und lernen sollten, sich in der virtuellen Welt zurechtzufinden. Die eingeladenen Gäste waren sich einig, dass es kein Patentrezept gibt, um sich und eigene Marke im Internet aufzubauen. Es gibt viele Strategien, und die Wahl der richtigen hängt von den Inhalten ab, die Journalisten ihrem Publikum vermitteln wollen. Nach Ansicht der Podiumsteilnehmer sollte man nicht alle sozialen Plattformen auf einmal stürmen. Die Experten rieten, sich zunächst auf diejenige zu konzentrieren, die für eine bestimmte Botschaft am besten geeignet ist, und sie einige Wochen lang zu „erlernen“ und dann eigene Schritte selbst zu bewerten.
Daniel Zoll und Wojciech Orliński waren der gleichen Meinung, was die Wahl der Plattform angeht. Sie glauben nämlich, dass der Journalist so ein Netzwerk auswählen solle, das seinen individuellen Vorlieben entspricht. Das wird wiederum eine größere Aufrichtigkeit und Freiheit bei der Arbeitsteilung ermöglichen, argumentierten sie.
„Im Internet unterliegt alles dem Gesetz über die Erbringung von Dienstleistungen, und in der traditionellen Presse - dem Pressegesetz“, bemerkte Wojciech Orliński. Der Journalist wies darauf hin, dass es für die im Internet veröffentlichten Inhalte keine gesetzlichen Regelungen gibt. Laut dem Journalisten der „Gazeta Wyborcza“ ist es dadurch möglich, fast ungestraft im Internet zu lügen, was im Zeitalter der Fake News besonders gefährlich ist.
Sowohl die polnischen als auch die deutschen Gesprächspartner haben das kommerzielle Potenzial von sozialen Netzwerken für Journalisten bemerkt. Sie wiesen auf Beispiele von Persönlichkeiten von beiden Seiten der Oder hin, deren Marke im Internet Millionen wert ist. „Das ist viel mehr, als Journalisten von den traditionellen Medien allein bekommen können. Den Benutzern fällt es leichter, sich zu identifizieren und einen engeren Kontakt mit einer bestimmten Figur herzustellen als mit dem gesamten Pressetitel, Radio- oder Fernsehsender“, argumentierten sie.
Ulrike Klinger wies auf eine weitere Bedrohung hin: Journalisten im Internet müssen sich oft mit vielen anderen Inhalteproduzenten - Bloggern oder Influencern - messen. Ihr zufolge geben sich immer mehr Menschen im Internet als Journalisten aus, was der journalistischen Gemeinschaft nicht nützt und Bedenken über die Zukunft des Journalismus aufwirft.
Karolina Sulej und ihre Gesprächspartner brachten auch das Thema von Hassrede im Internet sowie Sexismus und Diskriminierung von Frauen zur Sprache. Die Teilnehmer waren sich einig, dass in den Diskussionen das Problem der Hasskommentare und Diskriminierung nicht übersehen werden sollte. Sie betrachteten die Suche nach Wegen zur Bekämpfung dieses negativen Phänomens als eine der wichtigsten Herausforderungen.
Die Debatte zeigte, dass es keine einzelne Antwort auf die Frage gibt, wie man seine Marke in den sozialen Medien aufbaut und ob man die Haltung eines Showmanns oder eines Kommentator-Philosophen einnehmen sollte. Jeder Autor muss für sich selbst eine Idee finden, sich ein Ziel setzen und danach streben. Man muss die eigenen Benutzer beobachten und einen goldenen Mittelweg finden zwischen dem, was man als Autor kommunizieren möchte, und dem, was das Publikum erhalten möchte. Wojciech Orliński hat die Debatte gut zusammengefasst: „Man kann es sich heute nicht leisten, im Internet fade zu sein“.
Katarzyna Belko