Journalisten, die den Alltag an der Grenze Polens und Deutschlands dokumentieren, haben einen enormen Anteil an der Ausgestaltung der deutsch-polnischen Beziehungen und zudem auch einen Einfluss auf das Bild dieser Nachbarschaft in der jeweiligen Gesellschaft. Der täglichen Arbeit dieser Journalisten war die zweite Branchendiskussion unter dem Titel „Über die Grenzen hinweg - grenzüberschreitender Journalismus“ während des Medienforums gewidmet.
An der Diskussionsrunde nahmen teil: Gerhard Gnauck, Polenkorrespondent Die Welt, Dietrich Schröder von der Märkischen Oderzeitung, Joanna Skonieczna vom Polskie Radio in Stettin sowie Dorota Bukowska, TVP Gorzów Wielkopolski. Während der lebhaften Debatte ergriffen auch Journalisten aus dem Publikum das Wort, u. a. Steffen Münch (Radio Pomerania) und Katrin Schröder (Säschsische Zeitung). Die Runde wurde moderiert von Michael Elgaß (NDR) und Tomasz Sikora, (Polskie Radio Wrocław).
Mit ihren Berichten aus dem Ausland seien die Medien als Nachrichtenquelle von einer essentiellen Bedeutung. Aber das Bild der polnischen bzw. deutschen Wirklichkeit sei in den jeweiligen Medien unzureichend und lückenhaft, so Dr. Agnieszka Szymańska vom Institut für Journalistik der Jagiellonen Universität in Krakau, die in ihrer Einführung die Ergebnisse ihrer Studie zur Medienkommunikation vorstellte. Laut diesen Forschungen seien einerseits in der Berichterstattung über Deutschland bzw. Polen Lücken feststellbar und es gebe eine deutliche Überrepräsentanz bzw. Unterrepräsentanz einiger Themen. So kämen in den Medien kulturelle Themen kaum vor. In Deutschland schreibe man lieber über polnische (Nachkriegs-)Geschichte oder Wirtschaft. Auch polnische Journalisten würden häufig ein geschichtliches Sujet wählen, wenn sie über Deutschland bzw. die deutsch-polnischen Beziehungen schrieben, so Szymańska.
Die Radiojournalistin Joanna Skonieczna machte auf eine interessante Entwicklung aufmerksam: Immer häufiger versuchen Bürger aus der Grenzregion selbst die Lücken in der Berichterstattung zu schließen. Als Beispiel für diesen so genannten Bürgerjournalismus nannte sie das Phänomen des „Neuen Grenzlandes“, also der Ansiedlung von jungen polnischen Zuwanderern im deutsch-polnischen Grenzgebiet nach 2004. Polen interessiere es über andere polnische Mitbürger zu lesen, die sich kurz hinter der Grenze in Deutschland niedergelassen haben, so Skonieczna. Diese informieren dann häufig selbst auf eigenen Internetportalen, was im deutsch-polnischen Grenzgebiet vor sich gehe.
Im nachfolgenden Austausch mit ihren Journalistenkollegen im Publikum war sich das Gros einig, dass sich die Kommunikation unter den deutschen und polnischen Journalisten verbessern müsse, denn nur so könnten Deutsche und Polen mehr übereinander erfahren. Um dies zu gewährleisten, müssten die Journalisten nicht nur die Sprache des Nachbarn beherrschen, sondern z.B. „grenzüberschreitende Tandems“ bilden. So könnten deutsche Journalisten ihren polnischen Kollegen bei der Recherche helfen und ihren Tandempartnern Themen nennen, die für sie von Belang sind. Über diese Geschichten könnte dann hüben wie drüben berichtet werden.
(Zofia Matejewska, Paul-Richard Gromnitza)