Die neue politische Realität und ihre Folgen für die deutsch-polnischen Beziehungen

Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Warschau Rolf Nikel, Marschallin der Woiwodschaft Lebuser Land Elżbieta Polak, Botschafter der Republik Polen in Berlin Andrezj Przyłębski. Fot. Hans Scherhaufer

„Die Regierung soll nicht die Medien kritisieren, sondern die Medien haben die Aufgabe, die Regierung zu kritisieren“, sagte Rolf Nikel, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Polen bei der Eröffnungsveranstaltung der Deutsch-Polnischen-Medientage in Zielona Góra.

Die Diskussion „Neue politische Realität – Folgen für die deutsch-polnischen Beziehungen“, mit der die 10. Deutsch-Polnischen Medientage eröffnet wurden, verlief ungewöhnlich dynamisch. An der Diskussion nahmen die Botschafter Polens und Deutschlands, Andrzej Przyłębski und Rolf Nikel, und die Marschallin der Woiwodschaft Lubuskie, Elżbieta Anna Polak, sowie Journalisten und Politiker teil. Die Teilnehmer sprachen über den aktuellen Zustand der Medien und des Journalismus in beiden Ländern.

Zu Wort meldete sich unter anderem Krzysztof Skowroński, Vorsitzender des Vereins der Polnischen Journalisten. „Polen und Deutsche verstehen einander nicht, sie nehmen sich nicht ernst. Dabei hat jedes Land seine ,ernsten Dinge‘ und erwartet Respekt“, sagte er. Seiner Meinung nach gehen wir als Nationen allzu oberflächlich miteinander um. Um einander zu verstehen müssten wir tiefer blicken. „Nur so können wir eine Gemeinschaft aufbauen“, sagte Skowroński.

Das Thema Gemeinschaft war in der Diskussion durchgängig präsent. Marschallin Polak sprach stolz über Initiativen, die ihre Selbstverwaltung zwecks stärkerer Integration zwischen der Woiwodschaft Lubuskie und den grenzanliegenden Bundesländern ins Leben gerufen hat. „Feuerwehren in Polen und in Deutschland haben begonnen zusammenzuarbeiten, zwei Kinderchöre haben zusammen eine CD aufgenommen, es ist die gemeinsame Kläranlage Gubin-Guben entstanden“, so die Marschallin.

Auch Ines Pohl, Chefredakteurin der Deutschen Welle, bezog sich auf das Gemeinschaftsgefühl. „Das Pflegen von Bindungen ist besonders im Hinblick auf die nicht einfache Geschichte wichtig“, sagte sie. Polen sei in ihren Augen ein Freundesland.

Die Diskussionsteilnehmer sprachen auch über Propaganda in den Medien. Botschafter Przyłębski warf den Redaktionen fehlende journalistische Seriosität vor und erwähnte die Kritik an der derzeitigen polnischen Regierung durch kommerzielle Medien. Jarosław Gugała, Journalist des Fernsehsenders Polsat, verteidigte seinen Sender: „Das ist nicht wahr. Wir informieren über alles. Wir sprechen über das, was die derzeitige Regierung tut, so wie wir über die vorangegangene informiert haben und so wie wir über jede zukünftige Regierung informieren werden.“

„In Zeiten der neuen politischen Realität sollten wir uns auf gemeinsame Werte berufen. Dabei ist es nebensächlich, ob sie der westlichen Kultur, dem christlichen Glauben oder dem römischen Recht entstammen. Wir glauben an gemeinsame Ideen: Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Botschafter Rolf Nikel zusammenfassend.

 

Der Bericht wurde durch die Vertreter der Jungen Redaktion der SdpZ Maciej Laskowski und Krzysztof Wojtas vorbereitet.