Jarosław Gugała. Fot. Hans Scherhaufer
Offenheit ist der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg eines Staates. Sie verlangt Mut, auch von Journalisten.
Zwei Stunden vor der Vergabe des 20. Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreises sprachen einige für diesen Preis Nominierte – Grażyna Bochenek, Jarosław Gugała und Renate Sophie Meinhof – über die Ideen für ihre Beiträge, über die Arbeitsetappen und über die Schwierigkeiten, die sie zu bewältigen hatten.
Grażyna Bochenek von Radio Rzeszów war im Rahmen eines Journalistenstipendiums der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit nach Hamburg gefahren, um sich dort den Alltag der Einwohner anzusehen. So entstand die Reportage „Normalni ludzie cz.1“. Hamburg ist eine Stadt, die offen ist für Menschen von außen – 20 Prozent der Einwohner sind Ausländer und für Flüchtlinge werden neue Wohnsiedlungen gebaut. Bochenek sagte, sie stelle mit ihrer Reportage das ganz normale Leben der Stadtbewohner dar, frei von angeblicher Angst und Bedrohung. Die aktuelle Situation in Europa entspreche, so Bochenek, der polnischen Auswanderungswelle in den Westen in den achtziger und neunziger Jahren. Die derzeitigen Ängste der Polen würden an die damalige Angst der deutschen Einwohner vor einer allzu großen Bevölkerungswelle aus Polen erinnern.
Das Flüchtlingsthema zog sich auch durch andere Wettbewerbsbeiträge und war das Leitmotiv unter anderem in der Sendung von Monika Iłowska-Walkowiak unter dem Titel „Chodzą ulicami ludzie …“, für die die Autorin mit dem Preis in der Kategorie „Journalismus in der Grenzregion“ ausgezeichnet wurde.
Die im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise erwähnte Frage des ökomischen Hinterherjagens hinter unseren westlichen Nachbarn hat sich nicht etwa erübrigt. Jarosław Gugała vom Fernsehsender Polsat News greift in einer Folge der Sendung „Państwo to my“, einem Beitrag, der für den Preis nominiert war, das Thema der unterschiedlichen Löhne von Polen und Deutschen auf.
„Wir leben in Polens besten Zeiten“, sagte er während der Diskussion. „Wir streben nach einem wirtschaftlichen ‚Gleichstand‘, der jedoch gemeinsame Arbeit erfordert, so wie die, die die Deutschen gemeinsam getan haben. Niemand wird das für uns tun“, so Gugała.
Journalismus sei ein Beruf für Mutige, lautete seine Antwort auf die Frage nach dem Problem des Vertrauens und der journalistischen Verantwortung. Wozu braucht man in den Medien Mut? Damit man sich nicht der Tabloidisierung verschreibt, sondern stattdessen schwierige, komplizierte und oft kontroverse Themen aufgreift. Sowohl globale Themen (wie die Flüchtlingsfrage) als auch lokale. Als Beispiel hierfür kann der Text „Auf Teufel komm raus“ von Renate Sophie Meinhof genannt werden, in dem sich die Autorin mit der wachsenden Zahl von durchgeführten Exorzismen in Polen befasst.
Für den diesjährigen Wettbewerb waren insgesamt 133 Beiträge eingereicht worden, darunter 48 aus Polen und 85 aus Deutschland. Sie zeigen, dass die Arbeit des Journalisten auch bedeutet, die, wie Gugała sagte, „Täler der Ignoranz zuzuschütten“. Und Mut, mit Offenheit auf die Phänomene auf der anderen Seite der Grenze zu blicken und zu versuchen, sie zu verstehen.
Der Bericht wurde durch Miglieder der Jungen Redaktion der SdpZ Maciej Laskowski und Mateusz Tofilski vorbereitet.