Das wichtigste Thema, das in den eingereichten Beiträgen widerspiegelt wurde, war der Zustand der Oder und die Folgen ihrer Verschmutzung. Katarzyna Kojzar, Autorin des Beitrags „Der Fluss fließt und stirbt. Ist der Kampf um die Oder zum Scheitern verurteilt?“, schilderte den aktuellen Zustand des Ökosystems der Oder unter Berufung auf Expertenmeinungen. In ihrem Beitrag weist die Autorin auf den eklatanten Mangel an Engagement seitens der Staatsbehörden für die Lösung des Problems.
Der Preis wurde für die herausragende Journalistenarbeit, das ungewöhnliche Narrativ und den einzigartigen Zugang zum Thema verliehen. Laut der Jury stellt Katarzyna Kojzar Fragen und sucht nach Antworten bei Personen, die etwas zu sagen haben, nicht nur als Experten und Expertinnen. Sie ist im Text anwesend, doch stellt sich nicht in den Mittelpunkt. Sie zeichnet Porträts von Menschen, die mit der Oder verbunden sind, ihren Zustand betrauern und auf Behörden, die die Verschmutzung des Flusses nicht stoppen und auf die Regierung, die solche Maßnahmen legalisiert, wütend sind. Das ist eine Hommage an die Zivilgesellschaft, die nicht lockerlässt.
„Das Thema hatte für mich eine besondere Bedeutung, denn die Oder ist der Fluss meiner Kindheit, dessen Leid ich jetzt mitempfinde,“ fasste die Autorin zusammen.
Unter den Nominierungen waren auch fünf weitere Namen. Die Antwort auf die Frage nach dem Zustand des Flusses, der die schlimmste Katastrophe seiner Geschichte erlebte, versuchten auch Dagny Lüdemann und Lena Giovanazzi zusammen mit Forschenden aus dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei zu finden. Der Artikel „Fischsterben in der Oder: Fischen nach Überlebenden“ ist sowohl ein Bericht über einen Forschungstag als auch eine Analyse der Fauna und Flora der Oder. Die Autoren betonen im Beitrag, dass es Menschen seien, die zur dramatischen Umweltsituation beigetragen haben und dass auch sie, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, dafür zur Rechenschaft gezogen werden sollten.
Unter den eingereichten Beiträgen befand sich auch eine Stimme in der Debatte über das Engagement Deutschlands für die Ukraine. Mateusz Ratajczak, Journalist von Wirtualna Polska und Autor des Textes „Niemiecki karabin zabijający kogokolwiek to traumatyczna wizja. Zwłaszcza dla samych Niemców / Ein deutsches Gewehr, das tötet, ist eine traumatische Vorstellung. Vor allem für die Deutschen selbst“ versuchte im Interview mit Dr. Urlike Franke aus dem Europäischen Rat für Auslandsbeziehungen die Gründe für die Abneigung der deutschen Gesellschaft, sich militärisch in den ukrainisch-russischen Konflikt zu engagieren, zu erforschen.
Auch Claus Christian Malzahn aus der Welt am Sonntag war für den Preis nominiert. In seinem Artikel „Das Wunder von Görlitz / Cud w Görlitz“ zeigt der Journalist, wie die Hilfe für die Flüchtlinge aus der Ukraine zum Zusammenwachsen dieser deutsch-polnischen Stadt beigetragen hat. Der Autor betonte, dass 2000 Menschen aus der Ukraine dort Zuflucht gefunden hätten.
Unter den Nominierungen war auch die Reportage „Mój polski skarb – Mein polnischer Schatz“ von Sophie Rebmann, Journalistin der ZEIT. Die Autorin besuchte ihre ehemalige Schule, um mit den Leser*innen ihre Erfahrungen der zweisprachigen Kindheit zu teilen. In der Reportage macht sie auf die Diskriminierung der Sprachen der Migranten in den deutschen Schulen aufmerksam und präsentiert die Forschungsergebnisse zum Thema Mehrsprachigkeit.
Der letzte der nominierten Beiträge „Tutejsi, nietutejsi / Deutsche in Polen: einheimisch und doch fremd“ bezieht sich auf die politische Situation in Polen und die sich daraus ergebenden aktuellen deutsch-polnischen Beziehungen. Nach Ansicht der Autorin, Katarzyna Kaczorowska, hätten die deutsch-polnischen Beziehungen einen kritischen Punkt erreicht. Die Journalistin macht darauf aufmerksam, wie eine antideutsche Kampagne die deutsche Minderheit in Polen beeinflusst und wie die Brücken der Verständigung zwischen den beiden Ländern eingerissen werden.
In der Kategorie Print der diesjährigen Ausgabe des Deutsch-Polnischen Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreises wurden viele Beiträge eingereicht, die zum Nachdenken über die Hingabe und Hilfsbereitschaft anregen. Die Autoren wiesen auf dringende aktuelle Probleme hin, die Polen und Deutschland betreffen. Sie erinnerten die Leser*innen daran, wie wichtig die Verständigung zwischen den Gesellschaften dieser beiden Länder ist, die durch soziale, ökologische und politische Situation miteinander verbunden sind.
Nikola Budzińska, Agata Becherka und Oliwia Ratyńska