Fot. Hans Scherhaufer
Die zunehmende Ungleichheit, die Automatisierung der Arbeit oder die rasante Entwicklung der Digitalisierung sind nur einige der Prozesse, die das Funktionieren des gegenwärtigen Europas beeinflussen. Sie führen dazu, dass das Vertrauen in die liberale Demokratie und die Übermittlung von Informationen allmählich schrumpft. In der komplizierten Wirklichkeit ist die Verantwortung der Journalistinnen und Journalisten noch größer, was von allen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern betont wurde. Der moderne Journalismus erfordert ihrer Meinung nach einen ständigen Wandel und eine Anpassung an die Anforderungen, die uns die Realität stellt.
- Kommunikationsinstrumente und Kommunikationskanäle ändern sich. Die Journalistin bzw. der Journalist verlor schnell das Informations- und Kommentarmonopol - sagte Olga Doleśniak-Harczuk. Nach einer Weile fügte sie hinzu: „Es besteht die Versuchung, einen Journalisten durch einen Youtuber oder Blogger zu ersetzen, weil sie sich unter den Bedingungen neuer Technologien reibungsloser zwischen bestimmten Konventionen bewegen können.“
Die Referenten beachteten auch das Phänomen der Polarisation. Ihrer Meinung nach leben wir in einer Welt, in der die Medien zu einer Identität geworden sind: Journalistinnen und Journalisten haben ihre Ansichten, die die Ursache für häufige ideologische Spaltungen sind. Philipp Fritz bemerkte ebenfalls, dass die Tendenz zu stärkerem Aktivismus von Journalistinnen und Journalisten zunimmt. Der Beweggrund hierfür ist, was aktuell in Europa geschieht. Der Brexit, Donald Trumps Politik, begünstigt die deutliche Aktivität in den sozialen Medien, die zu einer Plattform für den Meinungsaustausch geworden ist.
- Facebook und Twitter haben unser Leben verändert - sagte der Journalist von „Die Welt“. Er betonte auch, dass jeder Internetnutzer eine Bedrohung für den traditionellen Journalismus darstelle. Dieser kann, genau wie eine Journalist, seine Meinung äußern, die eine große Gruppe von Empfängern erreicht.
Die Diskussionsteilnehmerinnen und Diskussionsteilnehmer unterstrichen, dass die Auswirkung dieses Phänomens eine gewisse Desorientierung ist, die den traditionellen Journalismus in die Enge treibt. Die Informationsflut verursacht, dass der durchschnittliche Pole nicht mehr weiß, wem er glauben soll. Doleśniak-Harczuk verteidigte jedoch die Medienvertreter. Sie betonte, dass ein Journalist kein transparenter Erzähler der Realität sein dürfe und auch das Recht auf seine eigene Meinung habe, beispielsweise durch die Leitung eines Blogs.
Die Diskussionsteilnehmerinnen und Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass sich in der sich verändernden Welt auch die Medien verändern und der gegenwärtige Journalismus vor einer wichtigen Entscheidung steht: Raum für den Dialog schaffen oder seine Werte verteidigen. Die Antwort auf diese Frage war für sie nicht eindeutig. Heutzutage erschien ihnen das Vernünftigste die goldene Mitte zu wählen.
Bartłomiej Chlabicz
(aus dem Deutschen von Mira Banka)