Dorota Zyń über den Radiobeitrag von Jolanta Rudnik „Tutaj, here, hier”
Sehr geehrte Damen und Herren,
unter vielen interessanten Hörfunkbeiträgen hat die Jury die Reportage von Jolanta Rudnik vom Radio Koszalin ausgezeichnet. Belohnt wurden der außerordentliche heimatkundliche Wert und gleichzeitig die ungewöhnliche Leidenschaft der Autorin, sich auf die Suche zu begeben.
Im modernen Europa halten wir immer häufiger Ausschau nach unseren eigenen Wurzeln, wollen an Erinnerungen aus der Kindheit anknüpfen, das Elternhaus sehen – im Wachzustand oder im Traum. Wo ist unser Haus?
Der Titel der Reportage ist gleichsam eine Chiffre: ein uns dasselbe Wort in drei Sprachen und – wie es sich herausstellt – ein und dieselbe innere Erfahrung trotz unterschiedlicher Schicksale und nationaler Herkunft.
Die Jury-Mitglieder hoben hervor, dass Jolanta Rudnik wesentlich mehr erlebbar macht als nur Landschaften und die um sie kreisenden Erinnerungen.
Die Autorin hat viele wertvolle Reportagen zu deutsch-polnischen Themen vorzuweisen. In diesem Beitrag ist es ihr aber gelungen, das „Phänomen der Grenzregion“ greifbar zu machen, eines Raums, für den Unfriede, fehlende Stabilität aber auch kulturelle und ethnische Vielfalt kennzeichnend sind.
Diese Eigenschaften werden – wie es einer der Helden sagt – in diesen Gebieten an die nächsten Generationen vererbt.
Es wundert niemanden mehr, dass die Bewohner der Grenzregion die Frage stellen: Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin führt unser Weg?
Eine der Heldinnen kennt Köslin (Koszalin) nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. „Was ich gesucht habe? Ich habe weder die Eiche noch die alte Wohnung der Eltern und Großeltern gesucht. Ich habe meine Wurzeln gesucht.”
Die Wurzeln können uns sagen, wer wir sind… Warum wir als Menschen so und nicht anders geworden sind!
Fotografisch festgehaltene Landschaften sind mit geradezu intimen Kommentaren der Personen versehen, für die die heimatlichen Gefilde mehr sind als ein Punkt auf der Landkarte.
Jolanta Rudnik greift das Thema einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Menschen auf, deren Bindeglied ein bestimmter Ort ist.
Die Jury hat es sehr wohl registriert, dass die Autorin ihre Finger in eine sehr aktuelle Wunde der Menschen legt, der Menschen, die ständig auf Wanderschaft sind und sich neue Räume und Erfolge erschließen, deren Sehnsucht aber bleibt.
Die Sehnsucht nach dem Elternhaus, von dem wir nicht wissen, wo es sich denn wirklich befindet…
„Fast überall habe ich mich fremd gefühlt”, gesteht eine der Heldinnen.
Und ein anderer der fünf Akteure der Reportage sagt: „Der Geburtsort, die Kindheit sind von besonderer Schönheit“. Und fügt mit Überzeugung hinzu: „Hier bin ich ganz bei mir”.
So lässt sich der Titel des ausgezeichneten Radiobeitrags dechiffrieren.
Herzlichen Glückwunsch, Jolanta Rudnik!!!