Monolog plus Monolog ist nicht gleich Dialog

Der prämierte Beitrag Lekcja na pograniczu / Die Geschichtsstunde an der Grenze von Mateusz Pojnar konzentriert sich auf Beziehungen der beiden Nachbarländer und den Rückschritt im Versöhnungsprozess, der in den letzten Jahren stattgefunden hat. Es ist eine Geschichte über kleine Geste, die von Kommunalpolitikern für die Zusammenarbeit und Partnerschaft der beiden Länder gemacht werden. Alles beginnt mit einem einfachen Gespräch auf individueller Ebene, meint der Autor. Er weist darauf hin, dass die lokale Gemeinschaft keine Kämpfe und kein Gedrängel mehr möchte und daher die Deutschen immer häufiger einfühlsam anschaut. In der Laudatio wurde unterstrichen, dass der Text sehr treffend veranschaulicht, wie viel Arbeit die Deutschen und Polen bereits geleistet haben. Angestrebt werden soll die Situation, in der uns immer mehr verbindet als teilt. Auch die kleinsten Schritte, die zu gegenseitigem Verständnis führen, bilden eine Grundlage für die Auseinandersetzung mit der Geschichte wie auch dafür, dass man Ängste und Stereotype hinter sich lässt. Pojnar konnte seine Überraschung kaum verbergen, als er den Preis in Empfang nahm. Er vertritt nämlich eine lokale Wochenzeitschrift Krąg (dt. Kreis), die regional und nicht national bekannt ist. Die Jury unterstrich jedoch die lange Geschichte der Wochenzeitschrift und ihren Beitrag dazu, die Gemeinschaft im Kreis Nowa Sól auf dem Laufenden zu halten und zu sensibilisieren.

Schutz der Oder wurde eins der Hauptthemen der diesjährigen Deutsch-Polnischen Medientage. Das Problem der Umweltkatastrophe an der Oder kehrt u. a. in dem für den Preis nominierten Artikel von Ina Matthes Experten sorgen sich um Goldsteinbeißer zurück. Nach der Katastrophe im letzten Jahr wurden an die Ufer tonnenweise tote Fische getrieben, die als Opfer keine andere Möglichkeit hatten, sich zu schützen, außer in Nebenarme des Flusses zu flüchten. Laut Experten sollten große und stabile Populationen keine Schwierigkeiten haben, sich wieder zu erholen, doch die seltenen Arten seien vom Aussterben bedroht. Im Artikel von Matthes wird eine wichtige Frage gestellt: wird der Fluss, der vor allem ein Ort der biologischen Vielfalt sein soll, unter dem menschlichen Bedürfnis, die Natur zu beherrschen, leiden?

Der andere nominierte Beitrag Ach, jak przyjemnie, kołysać się wśród fal, czyli jak kajaki połączyły Wrocław z Berlinem / Ach wie schön es ist, über die Wellen zu schaukeln – wie Kajaks Breslau mit Berlin verbinden von Robert Migdał ist wiederum eine Reportage darüber, wie man das Nützliche mit dem Angenehmen verbindet, d. h. Umweltschutz mit einem Abenteuer. Die Kajakreise von Breslau nach Berlin ist eine Initiative, die 3 Jahre alt ist. Alles begann ganz harmlos vor 12 Jahren, mit einem lockeren Vorschlag einer Aufräumaktion in Berlin auf Kajaks. Nun hat sich das Ganze zu einer Öko-Reise entwickelt, mit dem Ziel, die Oder und die Spree vor Verschmutzung zu schützen. Die Kajakreise wird von Bildungsaktivitäten und Sammelaktionen begleitet, die die Bewohner der am Ufer liegenden Ortschaften für den Schutz der Natur sensibilisieren sollen. Der Artikel von Migdał ist aber keine Lobeshymne. Er entlarvt Unterschiede in der Herangehensweise an den Umweltschutz zwischen Deutschen und Polen. Der Journalist vergleicht Abfallwirtschaftssysteme beider Länder und verweist auf den schleppenden Ausbau der Infrastruktur an der Oder in Polen und die Betonierung polnischer Gewässer, im Gegensatz zur Renaturierung in Deutschland, wo man den Regulierungswahn aufgegeben hat und den Flüssen ihr Land zurückgibt. 

Der nächste nominierte Beitrag führt die Leser*innen in den Nordwesten Polens. Nur 40 km von der deutsch-polnischen Grenze entfernt, ist Szczecin und Stettin eine Stadt, die die Geschichte der beiden Länder mitgeschrieben hat. In Form einer Audio-Stadtführung zeigt Annette Ewen zusammen mit ihrem Gast, Heiko Kreft, den Zuhörer*innen die Spuren des deutschen Erbes in Szczecin: beginnend mit der Ausstellung im Nationalmuseum, über den Bahnhof, das Oder-Ufer und den Hauptfriedhof bis hin zum Schloss der Pommerschen Herzöge. Wieś, miasto, powiat Ekstra opowieści z Północy. Kultywowanie niemieckiego dziedzictwa w Szczecinie / Dorf Stadt Kreis - Erbe und Pflege deutscher Spuren in Stettin ist eine ungewöhnliche Stadtführung auf den Spuren der in der Stadt geschriebenen Geschichte.

Die Stadt Szczecin wurde auch im Artikel von Mateusz Madejski Szczecin coraz szybciej rozwija się po drugiej stronie granicy. Czy to już polsko-niemiecka aglomeracja? / Stettin entwickelt sich immer schneller auf der anderen Seite der Grenze. Haben wir es bereits mit einem deutsch-polnischen Ballungsraum zu tun? thematisiert. Dank der Nähe von Szczecin zur Grenze mit Deutschland ist es einfach, den Alltag in den beiden Ländern miteinander zu verflechten. Und somit auch die Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern aufzubauen. In dem nominierten Artikel beschreibt der Autor, wie die Gemeinschaften der beiden Länder aus der Perspektive ihrer Arbeitsbeziehungen miteinander verzahnt sind.

Unter den nominierten Texten befand sich auch ein Artikel zum Thema Ukrainekrieg. Connor Endt schildert in seinem Text Soldat wider Willen, wie der Krieg in der Ukraine das Leben junger Männer, die nicht in einem Land leben, das direkt an das Konfliktgebiet angrenzt, stark beeinflusst. Sie leben jedoch nahe genug, um sich an den Vorbereitungen für eine mögliche Verteidigung gegen die russischen Truppen beteiligen zu müssen. Inspiriert hat den Autor die Geschichte von Tomasz, der, auch wenn widerwillig, Görlitz für zwei Wochen verlassen musste, um an einem Militärtraining in Polen teilzunehmen.

 

Die Autoren und Autorinnen der Texte in der Kategorie „Lokaljournalismus in der Grenzregion“ haben durch ihre Darstellungen kleinerer Gemeinschaften in Städten und Regionen gezeigt, wie die Verständigung zwischen Polen und Deutschen aufgebaut wird. Sie haben bewiesen, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Nationen möglich ist, solange sie auf einem stabilen Fundament aufgebaut wird – gegenseitiger Unterstützung und Dialog.

Von Iwona Oskiera und Oliwia Ratyńska