Sensibilität, neue Perspektiven, unkonventionelle Sicht auf Themen – während der feierlichen Gala im Schlosshotel Zamek Topacz wurde der Deutsch-Polnische Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreis verliehen.

Laudatio für den Multimedia-Beitrag, Marcus Bensemann. Fot. Hans Scherhaufer

Die Jury zeichnete journalistische Beiträge aus, die sich mit den deutsch-polnische Beziehungen befassen, die soziokulturelle Landschaft beider Staaten illustrieren und wichtige Probleme der Gegenwart darstellen.

Die Preise wurden während der Gala vergeben, dem feierlichen Akzent der Deutsch-Polnischen Medientage, die am 13. und 14. Juni 2019 unter dem Motto „Zerfällt Europa?“ stattfanden.

In der Kategorie Print gewann Urszula Ptak von dem Magazin Krytyka Polityczna. Ihre Reportage „Uchodźcze dzieci dużo rozumieją“ [Flüchtlingskinder verstehen vieles] erzählt sie eine Geschichte von Flüchtlingskindern, die in Deutschland Asyl erhalten haben. Ptak zeigt in ihrem Betrag die Welt eines Kindes, das sich an neue Lebensbedingungen anpassen muss.

„Um einen solchen Text zu schreiben, muss man enorm viel Empathie, Sensibilität für die einen umgebende Welt und ein gewaltiges literarisches Talent sowie die Hartnäckigkeit eines Reporters und den Sinn dafür besitzen, flüchtige Situationen und Geschehnisse herauszugreifen und sie zu Papier zu bringen“, sagte Jurymitglied Robert Migdał während der Gala.

„Ich wollte keinen sentimentalen Text schreiben, mir lag daran, die Komplexität des ganzen Migrationsthemas zu beschreiben, ohne dabei die Perspektive des Kindes zu verlieren“, kommentierte die Preisträgerin.

Den Preis in der Kategorie Hörfunk bekam Pia Rauschenberger für ihren Beitrag „Fahrraddiebe – Folge 4“, eine Art Ermittlung zum Diebstahl von Berliner Fahrrädern. Das Jurymitglied Jürgen Hingst lobte in seiner Laudatio Rauschenbergers Beitrag für das humoristische und unkonventionelle Vorgehen bei der Entkräftung von Stereotypen über Polen und Deutsche.

In der Kategorie Fernsehen erhielten die Journalistinnen Natalie Steger und Milena Drzewiecka von Phoenix den ersten Preis. Ihre Reportage „Bóg, honor, ojczyzna. Polscy nacjonaliści maszerują“ [Gott, Ehre, Vaterland. Polnische Nationalisten marschieren] ist ein Porträt der Allpolnischen Jugend [Młodzież Wszechpolska].

„In diesem Beitrag über Geschehnisse in Polen sprechen nicht etwa ausländische Experten. Nein, denn die Personen, die ihre eigenen Vorgehensweisen beleuchten und bewerten und ihnen einen konkreten gesellschaftlichen Kontext zuordnen, stammen aus der polnischen Gesellschaft“, so beschreibt Jurymitglied Bogna Koreng das Besondere an Stegers und Drzewieckas Beitrag.

„Das alljährige Zusammentreffen der Nationalisten ist eine gute Gelegenheit zu erfahren, worin sie eine Gefahr für Gott und das Vaterland sehen“, sagte Milena Drzewiecka, eine der Autorinnen des ausgezeichneten Beitrages.

 

Helene Bienvenu und Katarzyna Strek vom Internetmagazin Cafébabel wurden in der Kategorie Multimedia ausgezeichnet. Die Fotoreporterinnen erzählen mit ihren Bildern in „Polnische Jugend: Karriere unter Tage“ die Geschichte junger Bergarbeiter, die in der Kohlegrube in Katowice berufliche Erfüllung suchen.

Jurymitglied Marcus Bensemann hob in seiner Laudatio hervor, dass nicht nur das journalistische Können Aufmerksamkeit verdient, sondern auch die Perspektive, die die Autorinnen des Beitrages eingenommen haben, indem sie die pragmatische Herangehensweise ihrer Protagonisten an die Suche nach Zukunft in der Kohlegrube in Katowice zeigen.

 

In der Kategorie Journalismus in der Grenzregion gewann Małgorzata Jurgiel. Ihr Beitrag „W domu mówimy po polsku“ [Zuhause sprechen wir Polnisch] erzählt von einer Stettiner Familie, die in Deutschland lebt, aber in Sorge um die heimatlichen Traditionen zuhause Polnisch spricht.

„Über die Sprache lernen wir die Welt kennen. Es sind unsere Sprache und die Kulturgüter, in die wir hineinwachsen und die unsere Identität definieren. Kinder in zwei Systemen – im deutschen und polnischen – auszubilden, ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Sie eröffnet neue Möglichkeiten für die Prägung der jüngsten Europäer-Generation. Eine Generation, die unsere Zukunft beeinflussen wird, die in der Vorstellung der Protagonisten unserer Reportage keine deutsche und polnische, sondern eine gemeinsame, eine pommersche Zukunft ist“, sagten die Jurymitglieder Gabriela Wiatr und Alicja Rucińska in ihrer gemeinsamen Laudatio auf der Gala am Donnerstagabend.

Der Deutsch-Polnische Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreis wurde bereits zum 22. Mal vergeben. Preisstifter sind die Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit, die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, die Robert Bosch Stiftung und die sechs Grenzregionen: die drei Woiwodschaften Niederschlesien, Westpommern und Lebuser Land, und die drei Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.

Anita Olszyna

Bartłomiej Chlabicz

(aus dem Polnischen von Antje Ritter-Miller)