Die Autorin beschrieb die Komplexität der deutsch-polnisch-tschechischen Beziehungen in Südwestpolen. Das Gebiet ist ein charakteristischer „Fortsatz”, auf der Karte, weshalb es auf polnischer Seite manchmal als Worek Turoszowski (Türchauer Sack) bezeichnet wird. Im Text von Kaja Puto wird das Dreiländereck zur bildhaften Metapher nicht nur für die komplizierten Beziehungen zwischen Deutschen, Polen und Tschechen, sondern auch für die Probleme bei der Integration der EU-Länder und den Alltag der Nachbarn aus mehreren Ländern.

 „Das Dreiländereck von Polen, Tschechen und Deutschland ist quasi ein Symbol der europäischen Einigung“ schreibt Puto. Das Wort „quasi” ist hier entscheidend, weil die Journalistin die Aufmerksamkeit auf die Zurschaustellung von Maßnahmen lenkt, die theoretisch auf eine Entwicklung der nachbarschaftlichen Zusammenarbeit hinweisen sollen. Sie greift zu Bildern, die auf die Vorstellungskraft wirken, wie zum Beispiel eine mal geplante Fußgängerbrücke, die drei Länder verbinden sollte.  Sie wurde jedoch nicht gebaut, sondern „an der polnischen Küste, im Schutze der Nacht, wuchs ein riesiges Kreuz [...], das den Touristen in drei Sprachen mitteilte, dass Jesus Christus der König und Herr unserer Geschichte ist“. Obwohl die Politik und die Ökologie in der Reportage eine wichtige Rolle spielen, konzentriert sich die Autorin auf die Menschen und ihre Geschichten: Die Aussagen der Bewohner der Region sind ein wichtiger Teil jedes der behandelten Themen. So können wir etwas über von unten und von oben kommenden Initiativen erfahren, die Polen, Tschechen und Deutsche integrieren, darunter auch EU-Projekte wie die Euroregion Neiße. Die Gewinnerin des diesjährigen Deutsch-Polnischen Tadeusz-Mazowiecki Journalistenpreises schuf die preisgekrönte Reportage dank der Unterstützung des Think-Tanks Przyszłość jest teraz.

In dieser Ausgabe des Wettbewerbs wurden fünf weitere Autoren und Autorinnen in der Kategorie Presse nominiert. Unter ihnen Jerzy Haszczyński, Leiter der Auslandsredaktion der Tageszeitung Rzeczpospolita, für den Text ,,Buntownicy z enerdowskiej prowincji” („Rebellen aus der DDR-Provinz“). Der Autor dieser Reportage besuchte die kleine Stadt Alstadt. Es war die erste Stadt in Deutschland, in der 1989 ein Protest gegen die kommunistischen Behörden stattfand. Der Autor fragt die Revolutionäre jener Jahre, ob sie mit den Veränderungen, die 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer in Deutschland stattgefunden haben, zufrieden sind. 

Ein anderer nominierter Text heißt: ,,Ich habe Angst, dass wir unsere Identität verlieren“ („Boję się, że my, Polacy, stracimy swoją tożsamość”). Ihre Autoren Olivia Kortas und Mathias Krupa versuchten in der Zeitung „Die Zeit“ das Stereotyp zu bestätigen oder zu widerlegen, dass in Polen nur religiöse und fromme Rentner für die Regierungspartei stimmen. Der Artikel gibt das Wort an junge Anhänger der Partei Recht und Gerechtigkeit. Damit wird bewiesen, dass politische Sympathien der Polen ihre Wurzeln in der sozialen und wirtschaftlichen Situation der einzelnen Menschen haben.

Zu den nominierten Beiträgen gehörte auch eine Reportage, die im Rahmen der Deutschen Journalistenschule geschrieben wurde, ,,Neuland für alte Stinker” („Nowy dom dla starych smrodochodów”). Die Autorin, Sophie Rebmann, spricht mit dem Besitzer einer Autokommission darüber, warum Polen alte Autos kaufen, die in Deutschland verschrottet werden sollen. Dabei weist sie darauf hin, dass diese Autos die Luft verschmutzen, was zu einem Fahrverbot in deutschen Städten führt. Der Text zeigt, wie viel Arbeit auf die Umweltaktivisten wartet.

Die Korrespondenten der Deutschen Presseagentur DPA Michael Fischer, Krzysztof Bastian und Kay Nietfeld greifen in ihrem nominierten Artikel das schwierige Thema der Kriegsreparationen auf. ,,Weltkriegs-Reparationen: Die Eine-Billion-Euro-Frage” (,,Reparacje wojenne – kwestia warta biliona euro”) ist das Ergebnis der Suche nach Antworten auf die Frage nach der Legitimität und Höhe der Reparationen, die den polnischen und deutschen Politikern, Experten, aber auch Opfern des Zweiten Weltkriegs gestellt wurden.

Der letzte in der Kategorie Presse nominierte Beitrag ist eine Geschichte über die Vergangenheit, die in der Gegenwart zu spüren ist. Joanna Cieśla, Journalistin bei der Wochenzeitung Polityka, beschreibt die Aktivitäten lokaler Aktivisten zur Wiederherstellung der Erinnerung an die deutsche Vergangenheit Niederschlesiens. Die Protagonisten der Reportage mit dem Titel ,,Pogłaskać trójnogiego psa” („Den dreibeinigen Hund streicheln“) sagen, wie schwierig diese Aufgabe ist: Die Scham über die Vergangenheit der Region, eingeschärft in kommunistischen Zeiten, lässt die älteren Bewohner zögern, sich anzuvertrauen und zu reden.

Der Deutsch-Polnische Journalistenpreis wird seit 1997 verliehen. Die Jury besteht aus 4 deutschen und 4 polnischen Journalisten. Dieses Jahr waren es Robert Migdał, Alicja Rucińska, Piotr Stasiak, Dorota Zyń-Horbaczewska, Marcus Bensemann, Michael Elgaß, Bogna Koreng und Dietrich Schröder. Derzeit wird der Preis in fünf Kategorien vergeben: Presse, Radio, Fernsehen, Multimedia/Online, Journalismus in der Grenzregion. Der Preis beläuft sich auf 5000 Euro.

Patryk Szklarz, Maciej Wacławik