Generäle über die europäische Armee


Oberbefehlshaber von Truppen aus Polen und Deutschland dominierten die Diskussion über die Rolle der europäischen Armee. Die Diskussionsteilnehmer waren sich darüber einig, wenn auch unter Vorbehalten, dass eine gemeinsame Armee in den Grenzen der EU entstehen sollte.


Die Podiumsdiskussion unter dem Titel „Die Rolle der ,europäischen Armee‘ in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union“, die am 22. Mai 2015 im Rahmen der Deutsch-Polnischen Medientage stattfand, war von Generälen dominiert. Egon Ramms, Bundeswehrgeneral a. D., und Waldemar Skrzypczak, Waffengeneral der Republik Polen, die zahlreiche Fragen beantworteten und den Journalisten erläuterten, warum ihrer Meinung nach eine gemeinsame europäische Armee entstehen sollte. Ramms und Skrzypczak waren sich vor allem in der Frage einig, dass der Beginn von Maßnahmen in diese Richtung auf der Regierungsebene initiiert werden sollte, da die Truppen in jedem Moment bereit seien, sich zusammenzutun und eine gemeinsame Armee zu bilden.
Nach Meinung des polnischen Generals sei die größte Hürde bei der Aufnahme von Maßnahmen für die Bildung einer gemeinsamen Armee das „historische Tief“, aus dem die polnischen Politiker noch immer nicht herausgekommen seien. Hindernis seien ihre Konzentration auf die Vergangenheit, vielleicht auch ihre historisch bedingten Ängste, die schon lange nicht mehr begründet sind, und diejenigen, welche die Idee und den Zweck einer gemeinsamen Armee nicht wirklich verstehen und darin eine Bedrohung sehen – und nicht die Chance, Polen Sicherheit zu garantieren.
Mit dieser Feststellung war der Vertreter der deutschen Bundeswehr einverstanden und fügte hinzu: „Wir können nicht darauf rechnen, dass die Amerikaner in Europa für uns alles machen. Wir müssen diese Aufgabe selbst bewältigen, müssen beginnen, selbstständig zu agieren, aber in der europäischen Bedeutung, sprich gemeinsam.“ Die Leiterin des Brüsseler Büros der Bertelsmann Stiftung, Stefani Weiss, ergänzte diese Aussage: „In den vergangenen Jahren haben wir uns allzu stark auf die Amerikaner verlassen, auch was ihre Rolle als Garant territorialer Sicherheit betrifft, sowie bei der Leitung von Krisenmissionen. Erst in letzter Zeit sind wir dazu gereift, diese Haltung zu ändern: wir müssen uns selbst mehr engagieren.“

Eine deutsch-polnische Brigade

Der Journalist vom Polnischen Radio Wojciech Szymański stellte den Generälen die Frage, ob sie, wenn in naher Zeit keine gemeinsame europäische Armee entsteht, zumindest die Möglichkeit für eine konsolidierte deutsch-polnische Brigade sehen. Beide Generäle sagten, dass man im Hinblick auf den Erfolg der gemeinsamen Manöver meinen könnte, es wäre sinnvoll eine Armee der Ostseeanlieger-Staaten zu bilden, obwohl nach Meinung der Diskussionsteilnehmer dabei die Politik im Weg stehe, oder eher die Politiker. General Egon Ramms wies darauf hin, dass der Grund für die fehlende Einigung im Dialog unter anderem die Tatsache sei, dass Europa weiterhin leider ein Kontinent zweier Geschwindigkeiten ist: „Wer sich an diesen Trend anpasst, gewinnt, wer nicht hinterher kommt, hat – brutal gesagt – ein Problem.“ General Skrzypczak war hingegen der Meinung, dass selbst gemeinsame Militäreinkäufe uns dem Ziel, eine gemeinsame starke europäische Armee aufzubauen, nicht näher bringen, weil die Regierungen einzelner Staaten dazu nicht bereit sind.
Alle Diskussionsteilnehmer äußerten die Hoffnung, dass sich in der Zukunft die Herangehensweise an dieses Thema ändert. Die Politik der Mitgliedsstaaten sollte in diese Richtung zielen.

Können 40 Jahre alte Panzer Berlin verteidigen?
Der Moderator der Podiumsdiskussion, der Journalist Juliusz Ćwieluch vom Wochenmagazin Polityka, stellte eine wichtige Frage, mit deren Beantwortung die Generäle Schwierigkeiten hatten: „Haben die polnische und deutsche Armee eine ausreichend gute und wirksame Ausrüstung, so dass man im Ernstfall damit kämpfen und vor allem verteidigen könnte?“
Zuerst versuchte General Skrzypczak, die Frage zu beantworten, und gestand ein, dass die Ausrüstung der polnischen Armee viel zu wünschen übrig lässt. „Wir haben zum Beispiel immer noch 40 Jahre alte Panzer und Sturmgeschütze. Diese Militaria müssen gegen moderne ausgewechselt werden, denn im Ernstfall eignet sich diese Ausrüstung nicht für den Kampf.“ General Ramms gestand, mit einem Augenzwinkern, ein, dass dies nicht nur das Übel der polnischen Armee sei. Zum wiederholten Mal sprach er davon, dass Polen und Deutschland in diesem Bereich zusammenarbeiten sollten, indem sie solidarisch eine systemische Lösung erarbeiten. „Die Armee ist bereit. Die Entscheidungen müssen jedoch auf der Regierungsebene getroffen werden“, fügte er hinzu. Ähnlich äußerte sich General Skrzypczak, der die Rolle des Dialoges betonte: „Dem Westen fällt es schwer, uns zu verstehen und uns fällt es schwer, den Westen zu verstehen. Deshalb müssen wir uns gegenseitig immerfort unsere Interessen erklären. Die Rolle der Medien ist in diesem Prozess zentral, und ich bitte die Journalisten um Hilfe.“

Yaryna Onishechko
Beata Olejarka