Bessere oder schlechtere Praktik?

Podiumsdebatte „Best Practice” Fot. Hans Scherhaufer

An der Diskussion nahmen teil: Tina Bettels-Schwabbauer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Erich-Brost-Institut für internationalen Journalismus, und Marek Wróbel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Fundacja Republikańska. Moderiert wurde das Gespräch von Aleksandra Rybińska von der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit und der ZDF-Korrespondentin Natalie Steger.

Tina Bettels-Schwabbauer warf das Thema transborderness im Journalismus auf und hob die Rolle gemeinsamer Medienprojekte hervor, die die internationale Zusammenarbeit festigen. Die Journalistin sprach von einer Initiative des Erich-Brost-Instituts aus Dortmund, dem Europäischen Journalismus-Observatorium, einem Netz an Medienrechercheinstituten. „Durch solche Initiativen schaffen wir eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis. Wir wollen den wissenschaftlichen Elfenbeinturm verlassen und unsere Marktanalysen so darstellen, dass jeder Interessierte entsprechende Schlussfolgerungen daraus ziehen kann“, sagte sie während der Diskussion.

Im Folgenden diskutierten die Teilnehmer über die Rezipienten von Medien in Europa. Marek Wróbel sagte, sie seien sehr unterschiedlich. „Unser Kontinent setzt sich aus mehreren Dutzend Völkern zusammen, und die sind sehr verschieden.“ Die Diskutanten benannten auch ein gewisses Missverhältnis. Beispielsweise seien viele polnische Journalisten in deutschen Redaktionen tätig. In Polen hingegen sei es umgekehrt: Die Präsenz von deutschen Journalisten ist relativ gering.

Davon, dass Unterschiede in der Zusammenarbeit von Journalisten in verschiedenen Staaten und Kreisen überwunden werden müssen, sprach Tina Bettels-Schwabbauer. Journalisten müssten die „Fähigkeit besitzen, in die Haut der anderen Seite zu schlüpfen“. Sie dürften auch nicht vergessen, dass Zusammenarbeit auf den Prinzipien der Gleichheit beruht, auf dem gleichen Zugang zu Informationen und den gleichen Möglichkeiten sich auszudrücken. Bettels-Schwabbauer hob auch die Rolle des Vertrauens hervor. Journalisten sollten einander kennenlernen, indem sie zusammen an kleinen Dingen arbeiten, um sich dann sicher zu fühlen, wenn sie sich mit ernsten investigativen Recherchen befassen. „Ohne Vertrauen ist das nicht möglich“, fasste sie zusammen.

Wortmeldungen gab es auch aus dem Publikum. „Statt darüber nachzudenken, was wichtig ist, streiten wir uns. Wir sollten aufhören, Landkarten zu zeichnen, die sich auf Grenzen konzentrieren“, sagte ein Teilnehmer der Medientage. Eine außergewöhnliche Chance auf ein besseres Kennenlernen geben grenzübergreifende Projekte. „Ich habe an hunderten Projekten teilgenommen, in denen Journalisten aus verschiedenen Staaten zusammengearbeitet haben, das waren Leute, die sehr unterschiedliche Ansichten hatten“, sagte eine freie Journalistin. „Solche Projekte, die von verschiedenen Stiftungen finanziert werden, sind eine gewaltige Chance für die Zusammenarbeit trotz weltanschaulicher Unterschiede. Wäre ich als Journalistin fest bei einer Zeitung angestellt, hätte ich sicherlich nie diese Gelegenheit gehabt“, fasste sie zusammen.

Das war die lebhafteste Debatte der diesjährigen Medientage. Die Teilnehmer sprachen politisch-ideologische Fragen an, und das Publikum hielt sich mit Kommentaren nicht zurück. Die Schwierigkeit, sich in einer Diskussion über die besten Beispiele gemeinsamer Tätigkeiten zu verständigen, versinnbildlicht, wie anspruchsvoll die Zusammenarbeit europäischer Journalisten ist. Ohne sie ist kein Wandel möglich.

Bartek Chlabicz, Hubert Szczypek

(aus dem Polnischen von Antje Ritter-Miller)