In den vergangenen Jahren ist ein wachsendes Interesse an der Nutzung von modernen Technologien in den Medien zu beobachten. Diese Veränderungen betreffen auch den Hörfunk. Darüber, wie dies in Polen und in Deutschland aussieht, sprachen im After-Show-Bereich in der Media City Leipzig die Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Digitalisierung im Hörfunk – Folgen für Mitarbeiter- und Senderstrukturen?“ im Rahmen der Deutsch-Polnischen Medientage.
Die Teilnehmer sprachen über den Wandel im Hörfunk, deren Ursache in den wachsenden Anforderungen der Hörer an dieses Medium liegt. Eines der Hauptthemen war die Sendetechnik DAB+. Sie gibt dem terrestrischen Digitalradio enorme Möglichkeiten, gestattet einen deutlich besseren Empfang, die Verbindung des traditionellen Wortes mit Bild und Text und die Bereicherung des Angebotes im Hörfunkprogramm. Letzteres betonte Krystyna Rosłan-Kuhn vom Nationalen Radio- und Fernsehrat besonders. Sie wies auf die Vorteile des terrestrischen Radios als solches hin: geringe Kosten und eine unbegrenzte Anzahl von Menschen, die dieses Radio empfangen können.
Mirosław Ostrowski, Mitglied des Teams für die Umsetzung von Digitalradio in Polen, wies darauf hin, dass bisher noch keinerlei Untersuchungen vorgenommen wurden zur Anzahl der Menschen, die DAB+ hören. Der Markt zeige jedoch, dass die Menschen normalerweise einfachere Radioempfangsgeräte kaufen. Warum? Aus Angst vor dem Neuen und aus Unwissenheit zum Thema neue Technologie. Dies sei einer der Gründe, warum DAB+ sich keiner solchen Beliebtheit wie in Deutschland erfreuen kann.
Es zeigte sich aber, dass die DAB+-Technologie auch in Deutschland, trotz der größeren Anteile beim Radio, noch immer nicht so verbreitet ist. Gründe für diesen Sachverhalt fand der rbb-Journalist Jörg Wagner im Fehlen gezielter Aktivitäten zur Verbreitung von DAB+. Martin Deitenbeck, Mitglied im Fachausschuss Netze, Technik und Konvergenz, hingegen sprach davon, dass Deutschland nicht mit Großbritannien konkurrieren könne, wo das Sendungsangebot wesentlich umfangreicher sei.
Eine ideale Regelung für alle Seiten wäre das Hybrid-Radio, das in sich die Errungenschaften der neuen Technologie mit dem traditionellen Radio vereinigt. Es würde die Bedürfnisse des modernen Hörers stillen. Die Hörer stellen derzeit wesentlich höhere Anforderungen an das Radio, sie wollen nicht nur stimmliche Informationen, sondern auch Bilder und den direkten Kontakt zum Journalisten. Dies zeigen Kommentare auf Facebook und Twitter bei einzelnen Sendern. Mirosław Ostrowski fügte hinzu, dass dies zur Entstehung eines neuen Modells des Journalisten als „multimedialer Reporter“ geführt habe, der bei seiner Arbeit verschiedene Medien miteinander verbinde.
Bei der Diskussion fehlte es nicht an Bezügen auf die aktuelle polnische Medienpolitik. Krystyna Rosłan-Kuhn antwortete auf die Frage von Robert Skuppin, ob sie nicht fürchte, trotz 54 Jahre Leben mit dem Radio, entlassen zu werden, humorvoll: „Gleich nach meiner Rückkehr aus Leipzig werde ich mich an eine Wahrsagerin wenden, um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten.“ Nur eine Wahrsagerin könnte wissen, in welche Richtung sich das Radio entwickeln wird. Eines ist jedoch sicher: Damit moderne Technologien eine Chance haben, müssen sich die Regierung und die kommerziellen Sender dafür interessieren, und daran hapert es derzeit in erster Linie.