Am Dienstagabend sind in Schwerin mit der Vergabe des Deutsch-Polnischen Journalistenpreises bereits die fünften Deutsch-Polnischen Medientage zu Ende gegangen. Zuvor haben am Montag und Dienstag Journalisten, Experten und Politiker in fünf Panels über hochaktuelle Themen wie das drohende Auseinanderbrechen der Eurozone debattiert und  u.a.  das Pro und Contra eines Boykotts des EM-Mitgastgebers Ukraine kontrovers erörtert.

Nach zwei Präsentationen über die polnischen Vorbereitungen zur EM begannen die Medientage am Montagabend mit der Debatte „Anstoß: Sport, Medien und Kommerz – was bringt die EM für Europa, was für die EM-Gastgeber?“. Was die EM Europa und den beiden Gastgeberländern Polen und der Ukraine bringt, darüber diskutierten u.a. Gerhard Delling (NDR), der stellvertretende Chef-Redakteur der BILD, Alfred Draxler, mit Andrzej Godlewski, dem stellvertretenden Direktor von TVP 1, dem Sportmoderator Piotr Sobczyński (TVP Sport) und Marcin Herra, Vorstandvorsitzender der Gesellschaft PL2012.

Alle an der Runde Beteiligten sprachen viel Anerkennung für die abgeschlossenen Vorbereitungen Polens aus. Der stellvertretende BILD-Chef-Redakteur der Alfred Draxler kritisierte in der Runde, dass der Westen die Ukraine als einen Gastgeber zweiter Klasse behandele. Dass zeigten nicht nur die Boykottaufrufe, sondern auch die Tatsache, dass das Gros der 16 Teams ihr Quartier in Polen beziehen wird.

Am Dienstagmorgen ging das Plenum „Weltklasse oder 2. Liga: Staatsverschuldung und Eurokrise – wie kommt Europa wieder in die Offensive? Schlussfolgerungen aus deutscher und polnischer Sicht.“ der Frage nach, ob Europa durch die Krise mehr zusammenrückt oder ob die europäische Idee dadurch in Frage gestellt wird. Sind die Maßnahmen zur Stabilisierung der Haushalte und der Euro-Rettungsschirm ausreichend, ja sind das überhaupt die richtigen Maßnahmen, um dem Problem beizukommen? Haben eine gemeinsame Fiskal- und Wirtschaftspolitik und eine gemeinsame Wirtschaftsregierung in Europa eine Chance und wenn ja, welche? Diese Fragen diskutierten Polens renommiertester Wirtschaftsexperte Leszek Balcerowiczund Steffen Kampeter, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesfinanzminister.

Nach diesem hochkarätig besetzten Plenum boten die Veranstalter den rund 250 Journalisten zwei parallel laufende Panels an. Das erste Medienforum „Grenzüberschreitender Journalismus – Aktuelle Themen aus der Grenzregion“ richtete seinen Fokus vor allem auf die Interaktion und den regen Meinungsaustausch der Teilnehmer/innen. Aufhänger war die Studie „Neue polnische Migration nach Deutschland – lokale Perspektiven“, die von Agnieszka Łada aus dem Institut für Öffentliche Angelegenheiten in Warschau dem Publikum vorgestellt wurde. Anschließend sprachen Michael Seidel, Chefredakteur des Nordkuriers und Andrzej Kotula, Deutsch-Polnischer Journalistenclub “Unter Stereo-Typen/Pod Stereo-Typami” darüber,  auf welche (regionale) Themen polnische und deutsche Journalisten setzen.
Das zweite parallel stattfindende Medienforum  „Positionierung von Journalisten national und international in Zeiten Sozialer Netzwerke, Blogs und Twitter“ fragte u.a. wie hoch ist der Aufwand der neuen medialen Formen ist, um Journalisten beruflich voranzubringen und wie deutsche und polnische Journalisten das Netz bzw. Blogs nutzen? Darüber diskutierte u.a. Radosław Krawczyk von Polens größtem politischen Blog salon24.pl mit Maike Haselmann, der ersten Redakteurin für Soziale Netzwerke von Spiegel Online, dem Blogger Cezary Krysztopa und Thomas Ellerbeck, Mitglied der Geschäftsleitung Vodafone Deutschland.

Im großen Abschlussplenum „Deutsche und polnische Berichterstattung im Fokus – Tendenzen und Tabus“ stand der Fragenkomplex worüber in Polen und Deutschland aus dem Ausland berichtet wird im Fokus. Gibt es Themen, die konsequent ausgeblendet werden? Wie wirkt sich der wirtschaftliche Aspekt auf die Berichterstattung aus dem Ausland aus? Und schließlich, wie hoch ist der Einfluss der Berichterstattung auf die deutsch-polnischen Beziehungen? Über diese und andere Fragen diskutieren u.a. die rbb TV Redaktionsleiterin für Mittel- und Osteuropa, Petra Lidschreiber, die Leiterin des  ZDF-Studios Mecklenburg-Vorpommern, Sylvia Bleßmann und der SZ-Korrespondent in Polen, Thomas Urban, mit polnischen Kollegen: dem Hauptabteilungsleiter der Redaktion Information und Publizistik vom Polsat-Fernsehen Jarosław Gugała und dem Chefredakteur des Hauptnachrichtenmagazins des Polnischen Fernsehens Wiadomości TVP1 Piotr Kraśko.

Feierlicher Akzent der Medientage war wie jedes Jahr die Gala zur Verleihung des Deutsch-Polnischen Journalistenpreises, der in diesem Jahr bereits zum 15. Mal vergeben wurde. Unter 154 eingesandten Beiträgen wählten die Juroren die Preisträger in den Kategorien Print (Konrad Schuller), Hörfunk (Jolanta Rudnik), Fernsehen (Markus Frenzel) aus.