Die Energiepolitik spaltet Polen und Deutschland - von Sabina Kowalczyk

Dies war Diskussionsthema im Rahmen der Deutsch-Polnischen Medientage am 12. Mai in Leipzig. Die Diskussion sollte vor allem Raum zum Meinungsaustausch in diesem Bereich geben; es bestätigten sich zum wiederholten Mal die unterschiedlichen Haltungen. Piotr Ziembicki, Experte für Energiewirtschaft an der Universität Zielona Góra sagte, dass derzeit 83 Prozent der Energie aus Kohle gewonnen werde und es in den kommenden Jahren keine Möglichkeit zur Änderung dieser Situation gebe. Er erinnerte daran, dass die Windenergieanlagen und Solarkraftwerke einen geringen Prozentsatz bei der Energiegewinnung in Polen abbilden.

In Deutschland hingegen vollziehe sich seit 2011 die sogenannte Energiewende. Sie besteht darin, in naher Zukunft aus der Atomenergie auszusteigen. Krzysztof Baług führte die Katastrophe in Tschernobyl an. Eine weitere Katastrophe – in Fukushima – sei einer der Gründe für die plötzliche Änderung in der Energiepolitik Deutschlands gewesen. Deutschland habe bereits vorher auf erneuerbare Energiequellen gesetzt. Die Energiewende rufe starke Emotionen hervor und wecke Kontroversen, insbesondere im Hinblick auf ihre Intensität bei der Umsetzung. Martin Cames war der Meinung, dass statt schnellem Vorgehen eine systematische und langfristige Herangehensweise wichtiger seien. Er widersprach Piotr Ziembicki, der Befürchtungen äußerte hinsichtlich der Streichung von Arbeitsplätzen als Folge der Verringerung von Steinkohleanteilen bei der Energieproduktion. Nach Meinung des deutschen Experten böten die unkonventionellen Energiequellen wesentlich mehr Arbeitsplätze als die konventionellen Quellen. In Deutschland seien im Bereich erneuerbare Energien 4000 Personen angestellt (mehr als in den konventionellen Kohlegruben).

Trotz der unterschiedlichen Wahrnehmung, in welche Maße erneuerbare Energiequellen genutzt werden, haben Deutschland und Polen auch ein gemeinsames Problem. Beide Länder nutzen Braunkohle, was das Problem der CO2-Emission mit sich bringt. Darüber hinaus gibt es ein gesellschaftliches Problem, denn nicht selten stellt sich die lokale Bevölkerung einer Investition in ihrer Gegend, die mit Braunkohle verbunden ist, entgegen. So war es 2009, als die Bauarbeiten für ein Kohlekraftwerk in Gubin-Brody begonnen hatten. Krzysztof Baług wies darauf hin, dass die Braunkohlevorräte lediglich bis 2030 reichen werden.

Im Gegensatz zu Deutschland fehlt es Polen an gesetzlichen Regelungen bezüglich Investitionen in erneuerbare Energiequellen. Derzeit ist es für Polen wichtiger, die Effizienz von Steinkohle für die Energieproduktion zu steigern. Dies würde eine Verringerung der Kohleanteile am sogenannten Energiemix auf 41 Prozent erlauben, was im Dokument „Die Energiepolitik Polens bis 2030“ enthalten ist. Deutschland gewinnt gerade einmal 11 Prozent seiner Energie aus Kohle, wobei es 8 Prozent der Kohle importiert. Von einer so weitreichenden Energiewende kann Polen derzeit nicht einmal träumen.

Gewisse Befürchtungen rufen vor allem in Polen die Pläne des Baus eines zweiten Stranges der Nordstream-Pipeline hervor, womit die deutsche Industrie keinerlei Probleme zu haben scheint. Die Abhängigkeit Deutschlands vom russischen Gas beträgt 40 Prozent des Bedarfs für diesen Rohstoff, während er in Polen 60 Prozent beträgt. Unabhängig von der Gefahr, die derzeitigen Transitländer für russisches Gas in den Westen könnten marginalisiert werden, entstehe das Problem der Glaubwürdigkeit Russlands, das sein Gas häufig als politisches Druckmittel benutzte, worauf Piotr Ziembicki hinwies.

Die Diskussion ergab, dass sich trotz der unterschiedlichen Herangehensweisen von Polen und Deutschland die Teilnehmer darüber einig waren, dass Warschau und Berlin über diese Themen weiter diskutieren sollten.