Die 4. Deutsch-Polnischen Medientage fanden vom 31. Mai bis 1. Juni 2011 in Zielona Góra (Grünberg) unter dem Motto „Agenda 2031: Die nächsten 20 Jahre Nachbarschaft – Deutschland, Polen und die EU“ statt. Journalisten, Medienexperten und Politiker aus Polen und Deutschland sprachen über die Errungenschaften beider Länder in den zurückliegenden 20 Jahren und schauten gemeinsam in die Zukunft.
Podiumsdiskussion 1
Zukunft der Medienlandschaft
Demokratisierung durch Technik. Wie verändern Twitter, soziale Netzwerke und Blogs die politische Kultur? Wie reagieren die klassischen Medien darauf?
Die sozialen Netzwerke haben in den letzten Jahren rasant an Einfluss gewonnen, sodass Plattformen wie Twitter als Informationskanäle nicht mehr wegzudenken sind. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert hat einen Account, der polnische Politiker und Präsident des Europäischen Parlaments Jerzy Buzek informiert regelmäßig mittels Tweets und auch zahlreiche Zeitungen und Nachrichtenagenturen nutzen immer häufiger diese Kanäle. Aber nicht nur auf die Informationsgewinnung, sondern auch auf die Versammlungskultur hat Twitter Einfluss. Deutlich wurde dies kürzlich in Nordafrika, bei denen die Organisation von Demonstrationen über soziale Netzwerke ablief, oder auch bei der Diskussion und den Veranstaltungen um das hölzerne Kreuz, welches Pfadfinder nach dem Absturz der Präsidentenmaschine in Warschau aufstellten. Doch nicht nur Twitter, sondern auch soziale Netzwerke wie Facebook oder Blogs werden immer mehr genutzt, um Kontakte zu knüpfen bzw. Informationen und Meinungen via Internet zu verbreiten. Welchen Einfluss hat dies aber auf die politische Kultur? Wie reagieren die klassischen Medien darauf? Kann man weiterhin von Qualitätsjournalismus sprechen? Wie wird sich die Medienlandschaft weiterentwickeln?
Podiumsdiskussion 2
Grenzüberschreitende und regionale Medien als Agenda-Setter? Was sollten wir in den Medien über das Nachbarland erfahren?
Wie relevant ist eigentlich die Berichterstattung über Polen und Deutschland in den polnischen bzw. deutschen Print- und elektronischen Medien? Was erfahren wir eigentlich über die jeweilige Befindlichkeit im Nachbarland z.B. in den Hauptnachrichtensendungen? Und falls eine Nachricht aus Polen oder Deutschland gesendet wird, welcher Mechanismus hat bewirkt, dass eine Depesche zur News geworden ist? Sind Hartz-IV, „parallele Gesellschaften“, „Stuttgart 21“, die deutsche Gesundheitsreform ein Thema für polnische Medien? Und erfährt im Gegenzug der Deutsche etwas über das polnische Wirtschaftswunder, die aktuelle Debatte zur Rentenreform in Polen oder die gesellschaftlichen und politischen Nachwirkungen der Flugzeugkatastrophe von Smolensk? Natürlich stellt sich die Frage, ob das den Nachbarn etwas anzugehen hat. Was die Medien im grenznahen Gebiet betrifft, so ist zu fragen, ob diese eine Vorreiterrolle haben bzw. haben sollten. Sind sie eher willens oder in der Lage gesellschaftliche Trends und Stimmungen zu erfassen bzw. darüber zu berichten? Und wie ist diese Herausforderung mit journalistischen Standards zu vereinbaren?
Plenum I
Demographische Krise in Europa – ist unser Wohlstand noch bezahlbar?
Die Prognosen für den demographischen Wandel in Deutschland und Polen warnen vor einer Überalterung der Gesellschaft, die durch niedrige Geburtenraten einerseits und eine höhere Lebenserwartung anderseits begünstigt bzw. beschleunigt wird. Dies bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Sozial- bzw. Wirtschaftspolitik, wie zum Beispiel die aufkommende Diskussion um das richtige Renteneinstiegsalter (65, 67 oder 70 Jahre?) zeigt oder die Frage nach einem „fairen“ Beitragssatz der Sozialversicherungen bzw. der Rentenbeiträge. Auch das Maß der Multikulturalität der einzelnen Länder kann einen Einfluss auf den demographischen Wandel ausüben und so stellt sich die Frage nach einer einwanderungsfreundlichen Politik besonders für Arbeitnehmer aus Polen und anderen osteuropäischen Staaten. Ist diese Entwicklung des demographischen Wandels auch in anderen Staaten Europas zu beobachten? Wie sehen die Prognosen für die Europäische Union aus? Welche Auswirkungen hat der demographische Wandel auf die finanzielle Situation in Privathaushalten? Und wie wirkt sich die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit aus?
Plenum II
Gemeinsam global: Polen und Deutschland als Vorreiter einer europäischen Wirtschaftspolitik
Deutschland und besonders Polen haben die letzte Wirtschaftskrise gut überstanden und mit starker wirtschaftlicher Leistung gezeigt, wie man einer globalen Rezession trotzen kann. Die wirtschaftliche Partnerschaft der beiden Nachbarländer ist eng und kann so auf manchen Gebieten starke Impulse für eine europäische Wirtschaftspolitik beisteuern. Doch über welche Instrumente oder welche Initiative bzw. welchen (wirtschafts-)politischen Spielraum verfügen die beiden EU-Staaten? Könnte zum Beispiel durch die Reaktivierung des Weimarer Dreiecks und somit durch eine engere Partnerschaft mit Frankreich eine Stärkung der Wirtschaftspolitik erzielt werden? Und wie muss eine europäische Wirtschaftspolitik aussehen, um mit den Konkurrenzmärkten in Asien mithalten zu können? Und inwieweit kann sich die Modernisierungspartnerschaft zwischen der EU und Russland positiv auf die Wirtschaftspolitik auswirken?