Ist der Journalismus ein krepiertes Eichhörnchen?

Piotr Stasiak. Fot. Hans Scherhaufer

Das Veröffentlichen von Inhalten in sozialen Medien ist in den letzten Jahren zu einer starken Konkurrenz für die traditionelle journalistische Arbeit geworden. Die in Stralsund versammelten Teilnehmer der Deutsch-Polnischen Medientage suchten gemeinsam nach Lösungen für das Finanzierungsproblem, das nicht nur die Verbraucher von Informationen, sondern auch die Journalisten selbst betrifft. „Ich erinnere mich an Zeiten, als Journalisten gut verdienten. Heutzutage schreibe ich Rezensionen und niemand bezahlt mich dafür“, sagte der Journalist Piotr Stasiak. Er war früher für das Wochenmagazin Polityka und das Portal onet.pl tätig, heute ist er verwaltender Partner in der Agentur für Internet-Kommunikation Bazgroł. „Facebook ist ein Ökosystem, das unsere Aufmerksamkeit verkauft. Dank der Mannigfaltigkeit der angebotenen Dienste hat es blitzschnell das ganze mediale Personal ersetzt“, so Stasiak.

Soziale Medien sind jedoch nicht nur eine Bedrohung für den klassischen Journalismus. Darf sich der heutige Journalist abhängig machen von sozialen Medien? In dieser Frage meldete sich Tomasz Lejman zu Wort, der deutsche Korrespondent für den Fernsehsender Polsat. „[…] Jeder versucht sich heute Journalist zu nennen, aber wer das, was in den sozialen Medien geschieht, nicht beobachtet, geht unter. Die Wahrheit ist, dass die sozialen Medien der Puls des heutigen Informationskreislaufes sind.“

Eines der Hauptthemen des Workshops war die Auswirkung der sozialen Medien auf den Lokaljournalismus. „Ein Eichhörnchen, das auf deinem Hof krepiert, berührt dich mehr, als ein sterbender Mensch in Afrika“, bestätigte Piotr Stasiak und führte Beispiele an von Facebook-Profilen, die sich mit Problemen der Bewohner der Ortschaft Wesoła bei Warschau befassen. Er unterstrich die Gefahr der Manipulation: Eines dieser Profile gehört nämlich zu einem lokalen Bauunternehmer und vertritt dessen Interessen.

Müssen sich die traditionellen Medien gegen Inhalte stellen, die von Usern veröffentlicht werden? Die sozialen Informationskanäle müssten eher angepasst, und die Inhalte, die in den sozialen Medien auftauchen, müssten gefiltert und verifiziert werden – so verstehen die Teilnehmer der Deutsch-Polnischen Medientage die Aufgabe des heutigen Journalisten.

Junge Redaktion der SdpZ Michał Kaproń und Natalia Nigborowicz

(Aus dem Polnischen von Antje Ritter-Jasińska)