Wie die Jury betonte, ist „Jemand wartet auf Sie“ ein Werk, das sehr gut zur Beschreibung der deutsch-polnischen Beziehungen passt. Wie ein Chirurgenpaar durchdringen die Authoren sie bis ins Innerste, indem sie eine außergewöhnliche Geschichte erschaffen. Die aktuelle Situation in der Ukraine verleiht dem Hörspiel zusätzliche Bedeutung. Es scheint sogar so, als ob der Beitrag „Kein Krieg mehr!“ schreien würde. Erwähnenswert ist auch die interessante Form des Hörspiels. Es verbindet nämlich die Kunst der Reportage mit der des Radiotheaters, denn es erzählt die Geschichten von echten Menschen.
Dies ist eine Geschichte der Liebe, die die Hölle von Auschwitz und den Verlust von geliebten Menschen überlebt hat. Glücklicherweise gelingt es dem Ehepaar dank Schindlers Fürsorge, in dieser für sie schlimmsten Zeit zu überleben. Doch die Freiheit, die ihnen in Form eines russischen Soldaten auf einem weißen Pferd zuteil wird, ist Henryk nicht genug, denn er möchte Gienia ein sicheres Leben und ihren eigenen Platz auf der Erde schenken. Er geht nach Israel und lässt Gienia zurück. Sie treffen sich erst nach einigen Jahren wieder, als Henryk besser klarkommt, und kann seine Geliebte einladen und sie heiraten. Nach vielen Jahren in Israel kehrt das Paar nach Polen zurück und lebt dort glücklich und zufrieden.
Weitere hervorragende Beiträge, die es in die Endrunde des Wettbewerbs geschafft haben, sind ebenfalls empfehlenswert. Einer davon war ein Radiobericht mit dem Titel „Der Weg nach Irkutsk“ von Anna Czyżewska-Jacquemet, der vom polnischen Radio Lublin gesendet wurde. Hier geht es um eine Reise der Autorin nach Irkutsk, zu einem Dorf, das selbst von seinen Einwohnern vergessen wurde. Sein Name bezieht sich auf die russische Stadt Irkutsk. Wie die Journalistin erklärt, war das Dorf ein Ort, an dem sich polnische Exilanten aus Sibirien niederließen. Inmitten des knirschenden Schnees und der hölzernen, unzugänglichen Häuser fand Anna Czyżewska-Jacquemet Menschen, die sich an ein deutsches Arbeitslager erinnerten, das sich während des Krieges in dieser Gegend befand und in dem über dreihundert Juden ihr Leben verloren.
Ein weiteres abschließendes Werk war ein von der deutschen Rundfunkjournalistin Hildburg Heider verfasstes Hörspiel mit dem Titel „20. Mai 2021 – Geburtstag des Übersetzers Karl Dedecius“, gesendet auf WDR Zeitzeichen. Es ist die Geschichte des bedeutenden deutschen Übersetzers östlicher Dichtung, Karl Dedecius, der von den Deutschen den Spitznamen „Brückenbauer“ erhielt. Für die Erstellung des Materials wurden authentische Aufnahmen von Dedecius verwendet. Für die Erstellung des Materials wurden authentische Aufnahmen von Decius verwendet. Er nennt in vier Punkten die wichtigsten Ereignisse, die ihn geprägt haben. Am Anfang steht seine Kindheit im multikulturellen Łódź der Vorkriegszeit, dann der Zweite Weltkrieg und der Zwangsdienst in der Wehrmacht, schließlich die Geschichte seiner russischen Gefangenschaft und die Rückkehr nach Deutschland, wo sich der Übersetzer ganz seiner Berufung widmete.
Auch der Podcast „Międzyodrze – Wunder der Natur“ von Bartosz Peneka schaffte es in die Finalrunde. Der Podcast wurde in der Reihe „Bericht über den Zustand der Welt“ ausgestrahlt. Der Radiojournalist und Politikwissenschaftler reist in die niederen Regionen der Odermündung und beschreibt deren Schönheit. Eigentlich nennt er sie das mitteleuropäische Amazonien. Der Beitrag ist voller Kontraste hinsichtlich der Entwicklung des Międzyodrze-Gebietes durch die Länder auf den gegenüberliegenden Seiten des Flusses. Im Laufe der Jahre haben die Polen fahrlässigerweise einen idealen Lebensraum für Dutzende gefährdeter Arten geschaffen, die nun zunehmend auf die deutsche Seite flüchten. Denn im Gegensatz zur polnischen Seite ist diese geschützt und zu einem Nationalpark geworden, der frei von Jägern ist, die Gänse schießen.
Unter den sechs Finalisten befindet sich auch ein eigenes Projekt von Patrick Figaj, einem deutschen Radiojournalisten. „Tadschu – der Kanute“. Es wurde auf der Website www.tadschu.de veröffentlicht und erzählt die Geschichte des Großvaters des Autors, Tadeusz Sirotkin, eines Polen, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland niederließ. In seinem Beitrag interviewt Patrick Figaj den langjährigen Freund und Nachbarn seines verstorbenen Vorfahren, Rudi. Die Geschichten von Tadeusz und Rudi ähneln sich und sind an vielen Stellen miteinander verwoben. Beide erlebten die Hölle des Krieges und beschlossen nach dessen Ende, nicht in ihr Land zurückzukehren – sie wurden zu heimatlosen Ausländern in Deutschland.
Das letzte der abschließenden Werke war ein Radiobeitrag von zwei unabhängigen Journalisten: Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster, mit dem Titel „Grenze oder Gartenzaun? 30 Jahre deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag“, veröffentlicht vom Journalistenbüro Grenzgänger. Im umfangreichsten Beitrag, der 55 Minuten dauert, zeigen die Autoren die Veränderungen in den deutsch-polnischen Beziehungen im Laufe der Jahre auf. Sie tun dies durch die Brille der Außenpolitik, der Konflikte zwischen den beiden Ländern und der Protagonisten, die aus persönlichen oder geschäftlichen Gründen den Grundstein für die guten Beziehungen zwischen den beiden Nationen gelegt haben.
Was all diese Werke eint, ist eine tiefgreifende Überlegung über die gemeinsame deutsch-polnische Vergangenheit, die viele gute, aber auch grausame Momente hatte. Jeder der Autoren zeigte großes Einfühlungsvermögen und berührte manchmal schwierige und komplizierte Themen, die seit Jahren Gegenstand von Diskussionen zwischen unseren Ländern sind. Der Wettbewerb wurde allerdings von einer Geschichte über wahre Liebe gewonnen, die alle Widrigkeiten übersteht.
Filip Karasiewicz