Über die demografische Krise in Europa diskutierten während des ersten Plenums im Rahmen der 4. Deutsch-Polnischen Medientage in Zielona Góra polnische und deutsche Spezialisten. Der Diskussion im Säulensaal des Marschallamtes waren Eröffnungsreden vorangegangen, unter anderem von der Marschallin der Woiwodschaft Lubuskie Elżbieta Polak.


„Herzlich willkommen in Zielona Góra, in der Region Lubuskie! Ich freue mich sehr, die Teilnehmer der 4. Deutsch-Polnischen Medientage hier bei uns begrüßen zu dürfen“, sagte die Marschallin. Polak wies darauf hin, dass vor 14 Jahren in Żagan die Vereinbarung über den Deutsch-Polnischen Journalistenpreis unterzeichnet wurde. „Heute, nach 20 Jahren unserer Zusammenarbeit, sind wir in der Lage, viele gemeinsame Projekte durchzuführen. Es ist wirklich viel los an der Grenze. Deshalb sind die Regionaljournalisten, die über diese Ereignisse schreiben, von so großer Bedeutung. Wir können also die nächsten 20 Jahre planen und darüber sprechen, wie wir auf beiden Seiten der Oder gute Lebensbedingungen schaffen können“, sagte Marschallin Polak.

Prof. Dr. Joachim Rogall von der Robert Bosch Stiftung begrüßte im Namen der Veranstalter die angereisten Gäste und garantierte spannende Diskussionsthemen. Dr. Robert Leicht, ehemaliger Chefredakteur der ZEIT, bezog sich in seiner Ansprache nicht nur auf die Geschichte, sondern auch auf die Agenda 2031. „Man kann sie niederschreiben, man kann sie aber auch realisieren, wenn man nur die Geschichte kennt“, sagte er. Er erwähnte seine ersten Besuche in Polen und den Wandel der deutsch-polnischen Beziehungen über die Jahre hinweg. „Beide Länder haben begonnen, sich einander anzunähern“, fügte er hinzu. Janusz Reiter, Botschafter a. D. der Republik Polen in der Bundesrepublik und den USA, griff die Umbrüche der vergangenen Jahrzehnte in Europa auf: „Wir wollen eine offene EU, nach innen und nach außen.“

Die Podiumsdiskussion war der wachsenden demografischen Krise in Europa gewidmet. Ist unser Wohlstand noch bezahlbar? Die Prognosen zu den demografischen Veränderungen in Polen und Deutschland sind nicht sehr optimistisch. Beide Gesellschaften überaltern, dies kommt durch die geringen Geburtenraten und das längere Lebensalter. „In den Neunzigerjahren bestanden 22 Prozent der deutschen Bevölkerung aus alten Menschen, jetzt sind es bereits 31 Prozent, schon bald werden es 41 sein. In Polen sind diese Zahlen nur wenig besser“, sagte Jędrzej Bielecki von Dziennik Gazeta Prawna.

Der Begriff „liquid love” wird immer populärer. „Die Menschen haben Schwierigkeiten damit, ihre Beziehungen aufrecht zu erhalten, das bestätigen die Statistiken, denn die Zahl der Scheidungen ist höher als die Zahl der Eheschließungen“, fügte er hinzu. Laut Untersuchungen des CBOS (Meinungsforschungszentrum) sehen 49 Prozent der Frauen in der beruflichen Karriere einen wichtigen Aspekt des Lebens, aber nur 4 Prozent sehen diesen Aspekt im Kinderhaben. Derzeit bekommt in Polen wie in Deutschland eine Frau im gebärfähigen Alter 1,3 Kinder. „Der wirkliche Babyboom hat in den Achtzigerjahren stattgefunden, der Gipfel fällt in das Jahr 1982. Vor dreißig Jahren bekam eine Frau ihr erstes Kind im Alter von 20-21 Jahren, heute im Alter von 28 Jahren. Sie studiert zuerst, hat zahlreiche andere Beschäftigungen und nutzt Verhütungsmittel“, sagte Witold Gadamowski von der Gazeta Wyborcza. „Wir müssen darauf achten, nicht nur über Zahlen zu sprechen. In entwickelten Gesellschaften wie beispielsweise in Frankreich, wo eine Frau durchschnittlich 2,0 Kinder bekommt, sind die Menschen froh darüber, zwei Kinder zu haben. Man muss bedenken, dass wir nicht zu viele werden dürfen, weil wir unsere natürlichen Ressourcen nicht aufbrauchen dürfen“, setze Dr. Reiner Klingholz entgegen, Direktor des Berliner Instituts für Weltbevölkerung und globale Entwicklung. Wie soll mit dem Problem umgegangen werden? „Wir müssen das über die berufliche Aktivität lösen“, sagte Zbigniew Derdziuk, Geschäftsführer der Anstalt der Sozialversicherungsgemeinschaft (ZUS). Uwe–Karsten Heye, ehemaliger Regierungssprecher der Bundesregierung sprach hingegen von der Notwendigkeit, die Einstellung zu verändern. „Die emanzipatorischen Aspekte sind verständlich, aber wir müssen darüber nachdenken, wie die überalternde Gesellschaft auf die Zukunft vorbereitet werden soll“, sagte Heye. Nach Meinung der Spezialisten müssen die Regierungen beider Länder perspektivisch denken, in Bezug sowohl auf die demografische Entwicklung als auch – und vor allem – auf die Wirtschaft.

Katarzyna Fedro, Zielona Góra, 31.05.2011