Polen und Deutsche nebeneinander, aber nicht zusammen

Fot. Hans Scherhaufer

Über die Rolle der Journalisten bei der Gestaltung der regionalen Beziehungen zwischen Städten, die lediglich durch Flüsse voneinander getrennt sind – durch Oder und Neiße – sprachen die Teilnehmer der 10. Deutsch-Polnischen Medientage. Die Unterschiede in der gegenseitigen Wahrnehmung der Grenzbewohner entstünden durch Unkenntnis der Kultur, der Sprache und der Geschichte des Nachbarn, so die Podiumsteilnehmer einvernehmlich.

An schwierigen Themen fehlte es bei dem Workshop nicht. Es wurde darüber gesprochen, wie die Schwachstellen in den deutsch-polnischen Beziehungen verbessert werden könnten. Maciej Zathey, Direktor des Instituts für Territoriale Entwicklung in Wrocław benannte klar die Mankos des öffentlichen Verkehrs. Als Beispiel führte er die Zugverbindung zwischen Wrocław und Berlin an, die 1937 täglich etwa 14 Direktverbindungen anbot, während heute die Verkehrsverbindung zwischen den beiden Städten lange nicht so gut sei. Es wurde auch über das Missverhältnis bei der Herangehensweise an die Politik der nachhaltigen Entwicklung, an Sozialleistungen, an Gehaltshöhen und an die Qualität der Jugendausbildung gesprochen.

Kinga Hartmann-Wóycicka, Direktorin des Europäischen Zentrums Erinnerung, Bildung, Kultur in Zgorzelec, sprach von einer Radikalisierung der Stimmungen in den Nachbarschaftsbeziehungen, hauptsächlich unter der Schuljugend, die im Grenzgebiet wohnt. Diese Radikalisierung sei Folge von vorhandenen Stereotypen und Unwissen. Die Aufgabe von Bildungseinrichtungen bestehe in der sachkundigen Vermittlung der Geschichte unserer Nachbarn. Diese Verantwortung trügen auch die Journalisten. Sie seien es, die ausreichendes Wissen über die Region besitzen müssten, in der sie tätig sind. Um solide wirken und das Vertrauen der Einwohner gewinnen zu können, müssten sie zweifelsohne ihre sprachlichen Fähigkeiten verbessern, was ihnen die Kommunikation erleichtern würde.
Der Workshop war als Diskussion gedacht, deshalb sorgte der Moderator Frank Seibel dafür, dass man sich mit der Meinung von Journalisten, die auf beiden Seiten der Grenze tätig sind, vertraut machen konnte. Zusammenarbeit entsteht, wenn praktische Informationen über Ereignisse und Investitionen in beiden Ländern ausgetauscht werden. So wurde anhand von Frankfurt/Oder und Słubice die Existenz einer Gemeinsamen Kommission für Europäische Integration besprochen. Notwendig seien mehr gemeinsame Aktivitäten, die das Wissen der Bürger über beide Staaten erweitern. Auf diese Weise ließen sich die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Einwohnern an der schärfsten Grenze in Europa verbessern. Die Bezeichnung „schärfste Grenze“ bezieht sich hierbei auf die Sprachbarriere und auf die historischen Ereignisse. Maciej Zathey schlug vor, die Nomenklatur zu ändern, und statt „Grenzgebiet“ „Verbindungsgebiet“ zu sagen. Eine solche Änderung verletze die nationale Identität von keinem der beiden Staaten. Die Workshopteilnehmer waren der Meinung, Beziehungen und Verbindungen sollten weiterentwickelt werden, statt Barrieren aufzubauen.
Wesentlich seien die Bildungsarbeit, der Ausbau der Infrastruktur, Diskussionen über die Geschichte, aber vor allem das Gespräch darüber, in welche Richtung die gemeinsame Entwicklung gehen soll.

Der Bericht wurde von Julia Grzybowska, Mitglied der Jungen Redaktion der SdpZ, vorbereitet.