Pia Rauschenberger, Fot. Hans Scherhaufer
Was macht man, wenn einer Freundin das Fahrrad gestohlen wurde? Es auf eigene Faust suchen? Pia Rauschenberger, Reporterin beim Sender Deutschlandfunk Nova, hat sich dieser Herausforderung gestellt und in ihrem Beitrag „Fahrraddiebe Folge 4: Ein blaues Fahrrad“ über ihre Eindrücke von der Suche in Polen erzählt. „Schon als ich dorthin fuhr, dachte ich, dass es besser gewesen wäre, das Fahrrad wäre in Bayern oder Holland aufgetaucht. Ich befürchtete, dass diese Reise die Stereotypen verstärken würde.“ Die in der Sendung beschriebene Begegnung mit einer polnischen Familie erlaubt einen tieferen Blick in die zwischenmenschlichen Beziehungen und auf den scheinbar belanglosen Diebstahl eines Fahrrades.
Roman Nuck, Coautor der Reportage „Europastadt Görlitz/Zgorzelec, zwei Länder – eine Stadt?“, hat ein interessantes Bild der Realität an der deutsch-polnischen Grenze gezeichnet. Die Brücke, die Görlitz und Zgorzelec miteinander verbindet, ist in seinem Beitrag mehr als nur ein Tor zum Nachbarland. Indem er den Alltag der Einwohner beider Städte – Senioren, Schüler, Sportler – beschreibt, zeigt er das, was sie verbindet. Und zwar trotz verschiedener Sprachen, Mentalitäten und Währungen. „Die meisten Menschen, die in diesen Städten leben, sind sich dessen bewusst, dass die offene Grenze ein riesiger Schatz ist. Geduld und die reale Möglichkeit sich zu begegnen schaffen eine gute nachbarschaftliche Zusammenarbeit“, so Nuck.
Ewelina Karpińska-Morek, Moderatorin des Gespräches und Gewinnerin des Deutsch-Polnischen Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreises im vergangenen Jahr in der Kategorie Multimedien, fragte, wie man journalistische Tools einsetzen kann, um funktionierende Stereotypen zu entzaubern. Ihre Gesprächspartner nannten vor allem die direkten Kontakte, die dazu notwendig seien. „Meine beste Freundin ist Polin. Wir haben uns beim Erasmus-Stipendium beim Piroggenmachen kennengelernt“, sagte Rauschenberger. „Man muss bei den Kleinsten anfangen und ein positives Image des Nachbarn schaffen“, pflichtete ihr Nuck bei. Der Journalist führte Ergebnisse des neuesten Deutsch-Polnischen Barometers an: „Es hat mich gewundert, wie viele Polen Deutschland besucht haben. In die andere Richtung sieht das nicht so gut aus, die Deutschen können sich über Polen keine Meinung bilden“, kommentierte Nuck.
Die für den Deutsch-Polnischen Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreis Nominierten waren sich darüber einig, dass es am wichtigsten ist, über schwierige und problematische Themen zu sprechen. Und Seriosität und Mut seien für den Aufbau guter Beziehungen unentbehrlich und unabdinglich, um das Potenzial der Einwohner beider Länder nutzen zu können.
Klaudia Wackermann
(aus dem Polnischen von Antje Ritter-Miller)