Das Polnische Staatliche Fernsehen hat die Ausstrahlung des kontroversen Dreiteilers „Unsere Mütter, unsere Väter“, einer deutschen ZDF-Produktion, angekündigt. Der Film war Diskussionsgegenstand einer der Workshops, die im Rahmen der 6. Deutsch-Polnischen Medientage stattfanden.
„Ist Schwarz schwarz – und Weiß weiß? Dieselben Fragen aus deutscher und polnischer Sicht“ – Eine Antwort auf diese Frage wollten die Workshopteilnehmer in einer Diskussion über die Unterschiede in der Wahrnehmung der gemeinsamen Geschichte finden. Es wurde über die Darstellung polnischer Heimatarmee-Soldaten als Antisemiten in dem deutschen Dreiteiler diskutiert.
Bartosz Wieliński, langjähriger Korrespondent der Gazeta Wyborcza in Deutschland, sprach offen davon, dass „dieser Dreiteiler nicht zu rechtfertigen“ sei, denn er sei tendenziös. Wieliński erinnerte auch an die Kontroversen, die im Jahr 2009 ein Spiegel-Artikel hervorgerufen hatte, in dem der Autor über die Mittäterschaft der Bevölkerung des besetzen Europas am Holocaust nachsinnt. Laut Wieliński sei die damalige Diskussion besonders hitzig gewesen, weil gerade der Wahlkampf für das Europäische Parlament lief. Wird nach der Ausstrahlung des Dreiteilers die Diskussion ebenso hitzig werden?
Gerhard Gnauck – Korrespondent der Welt in Polen –, zitierte ein Fragment aus seinem Essay, das er im April verfasst hatte: „Filmproduzent Nico Hofmann [wich] in der Debatte über den Film keinen Millimeter zurück[…], sondern [gab] auf eine kritische Nachfrage schriftlich (in der B.Z.) zu Protokoll […]: ‚Die Partisanen sind polnische Nationalisten der Heimatarmee.’ Antisemitismus sei in der polnischen Bevölkerung nun mal weit verbreitet gewesen.“ Für Gnauck war das der Ausgangspunkt für die Diskussion darüber, was das Wort „Nationalismus“ bedeutet. Hierzu berief er sich auf den deutschen Soziologen Karl Deutsch, nach dem Nationalismus die Neigung ist, besonders den „nationalen Nachrichten“ seine Aufmerksamkeit zuwenden. Ebenso wesentlich sei, dass Begriffe wie „Kampf“, „Partisanen“ und „Armee“ unterschiedlich verstanden würden. Gnauck erinnerte daran, dass bis zur Generation der Revolte der Sechzigerjahre die Armee in Deutschland mit hohen Werten assoziiert wurde, und ein Partisan als Bandit galt. In Polen aber sei ein Partisan ein Held. Über die kulturellen Unterschiede, die Ursache für Probleme in der Kommunikation sein können, sprach auch Professor Izabela Surynt, die den Dreiteiler ebenfalls kritisch bewertete, aber der Meinung war, es sei notwendig, ihn in Polen auszustrahlen, weil er die Diskussion zu einem wichtigen Thema hervorrufe. Surynt zeigte Ausschnitte aus dem Film und ließ sich den Spott über die „anerkannten deutschen Historiker“, die angeblich für den Film konsultiert worden waren, nicht nehmen: Ein Protagonist fährt im Jahr 1944 nach Auschwitz, unweit von Gliwice in Polen, und nicht etwa unweit von Gleiwitz im Deutschen Reich.
Die Freelancerin Magdalena Ziętek hob hervor, dass in der Diskussion über die gemeinsame Geschichte in Polen die wirkliche Polarisierung innerhalb deutscher Historikerkreise nicht dargestellt werde, wodurch alle Haltungen als repräsentative Haltungen der Deutschen verallgemeinert werden.
Barbara Cöllen von der Deutschen Welle kam zu dem Schluss, die Polen müssten sich den ZDF-Dreiteiler ansehen, denn „Polen und Deutsche müssen ihre Reife und ihre Verantwortung für die Geschichte immer wieder auf den Prüfstein stellen“.
Małgorzata Marchwiana
Michał Mazur