„Früher wurden Freelancer von den Redaktionen wie Aussätzige behandelt“, sagen Paweł Reszka und Michał Majewski in dem Workshop der 6. Deutsch-Polnischen Medientage. Bekannte investigative Journalisten, die seit einigen Jahren für mehrere Zeitungen schreiben, erzählen davon, wie man ohne Festanstellung ein guter Journalist sein kann.

Ihrer Meinung nach wird in den heutigen Medien die selbständige Arbeit immer normaler. Sie erläuterten den fast dreißig Journalisten aus Polen und Deutschland, wie sie sich mit ihren Texten durchsetzen können, ohne in der Redaktion zu arbeiten. „Man muss glaubwürdig sein, die schwierigen Fragen der Redakteure beantworten können, und vor allem fertiges und professionelles Material anbieten, und nicht nur Ideen“, betonte das bekannte Reporterduo. Ein Journalist sollte PR-Fachmann für seine eigenen Texte sein. Als Beispiel könnte eine der Teilnehmerinnen, Teresa Kudyba, gelten, die davon erzählte, das man selbst von den größten Medien wahrgenommen wird, wenn man sich einfach in der Redaktion vorstellt: „Ich ging in das Hochhaus der Deutschen Welle und sagte, ich sei aus Polen, und verlangte den Chefredakteur. Man sagte mir, ich solle meinen Film dalassen und man würde mich anrufen. Am nächsten Tag rief tatsächlich ein Redakteur an und damit begann eine langjährige Zusammenarbeit“, erzählt die Dokumentarfilmerin aus Opole.

Einige Workshop-Teilnehmer sprachen davon, dass die Verleger ungern mit Freelancern arbeiten, die keinen großen Namen haben. Thomas Rautenberg von Radio rbb verteidigte die deutschen Verleger, indem er darauf hinwies, dass Freelancer zuweilen mit allzu mutigen Publikationen den Verleger in die Gefahr bringen würden, auf riesige Entschädigungszahlungen verklagt zu werden.

Leider fiel Reszkas und Majewskis allgemeine Analyse der zeitgenössischen Medien nicht allzu optimistisch aus. „Früher arbeitete man an einer spannenden Story wochenlang, manchmal sogar drei Monate, so wie an dem Artikel über Leszek Millers Sohn“, erinnert sich Paweł Reszka. „Und selbst wenn der Text am Ende doch nicht entstand, machte uns deshalb niemand einen Vorwurf. Heute gibt den Reportern niemand so viel Zeit, um Material zu sammeln.“

Ihrer Meinung nach werden die Medien zu Boulevardblättern und vermeiden schwierige Themen. In Polen sind die Medien verarmt, die Zeitungsauflagen sinken, für viele Verleger zählen vor allem Kommerz und Unterhaltung. Die Redaktionen werden immer kleiner, stellen ausschließlich junge Menschen ein, und die Rolle der Meister übernehmen sogenannte Kopfheber, sprich Journalisten, die Informationen von Fernsehern abschreiben, die in den Redaktionen aufgestellt sind. Damit würde die kontinuierliche Weitergabe von Erfahrungen unterbrochen, es fehle an der journalistischen Lehrer-Schüler-Beziehung. Deshalb sei die neue Journalistengeneration zum Großteil nicht in der Lage, ihre eigenen Ansichten auszudrücken, oft erstelle sie ihre Texte auf der Grundlage von Presseinformationen. Die schwächelnden Medien seien darüber hinaus anfällig für die Einflussnahme von Anzeigenkunden und die Politiker vergessen, dass die Medien die vierte Macht sind.

Dies führe dazu, dass viele hervorragende Journalisten den Beruf aufgeben und in PR-Agenturen oder in der Privatwirtschaft zu arbeiten beginnen. Reszka und Majewski haben einen ihrer ehemaligen Kollegen ein paar Monate, nachdem dieser die Redaktion verlassen hatte, einen Rolls-Royce fahren sehen. „Aber das bedeutet auch, dass viele ausgezeichnete Reporter und Publizisten zu haben sind“, sagt Majewski. Die beiden Journalisten stellten ihre Vision von der Zukunft dieses Berufszweiges vor. Sie sprachen davon, dass es das Internet zu nutzen gelte, und zwar so, dass es von kommerziellen Fernsehsendern zitiert wird. Denn dann lesen ihre Reportagen im Internet mehrere hunderttausend Menschen – diese Zahl ist wesentlich höher als die Auflage der Zeitung, in der sie die Reportagen veröffentlichen. Und das wünschen Paweł Reszka und Michał Majewski allen zukünftigen Freelancern.

Ania Więckowska
Marcin Radomski