Von den Magazincovern schreien uns Fotos mit sich küssenden Priestern an, oder Bilder, die den Geschlechtsakt zwischen einem Geistlichen und einem Jungen suggerieren. Fernsehdiskussionen zwischen Vertretern der Kirche und weltlichen Personen enden zumeist in Streitigkeiten, sind eher eine Provokation als ein Gespräch. Wie wird die Kirche in den Medien dargestellt? Achten wir bei religiösen Themen auf die wirklich wesentlichen Informationen? Darüber wurde in dem Workshop „Was glauben Sie denn? Was wir aus den Medien über Religion und Kirche im Nachbarland erfahren“ während der 6. Deutsch-Polnischen Medientage in Wrocław gesprochen.
Priester Rafał Kowalski, einer der beiden Leiter des Workshops und Chefredakteur der Breslauer Ausgabe des katholischen Wochenmagazins Gość Niedzielny, sagt, dass Kontroversen oft solide Informationen überlagern. Die Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Lesers fesseln Themen wie der Autounfall von Priester Piotr Jarecki oder die betrunkene Margot Kässman (Vorsitzende des Kirchenrates) oder auch die Tatsache, dass die Bischöfe dem Papst Benedikt XVI während einer seiner Pilgerfahrten nicht die Hand reichen. Informationen über interessante Ereignisse, wie beispielsweise die Wallfahrt der Männer nach Piekary Śląskie, an der über 100.000 Personen teilgenommen haben, gehen unter.
Priester Rafał Kowalski wies auf die Krise der deutschen Kirche hin, in der es im Jahr 2010 180.000 Kirchenaustritte gegeben hat, während der Rückgang der Berufungen im Vergleich zum Jahr 1986 um das Dreifache gestiegen sei. Die Kirche sei in Deutschland eher eine Art Firma statt eine Institution, die geistliche Arbeit betreibt.
Ein wenig anders sehe die Situation in Polen aus, wo die Kirche noch immer eine verhältnismäßig starke Position habe. Tomasz Kycia, der zweite Leiter des Workshops, zitiert eine Reportage aus dem deutschen Fernsehen, die von dem Jesusdenkmal in Świebodzin und der Basilika in Licheń handelt. In dieser Reportage wird die polnische Kirche etwas ironisch dargestellt, als eine zurückgebliebene Institution, die ihr Selbstporträt mithilfe monumentaler Kirchen und Denkmäler baut, anstatt ihre Ressourcen in sinnvolle Projekte zu investieren.
Während eines abschließenden offenen Meinungsaustausches waren sich alle Teilnehmer darüber einig, dass die allgegenwärtige Subjektivität und auf Emotionen basierende Berichterstattung ausschließlich zur Verflachung der medialen Botschaft und der inhaltlichen Werte des jeweiligen Materials führen. Solange dieser Trend vorherrsche, würden in den Medien weiterhin triviale oder gar blutige Themen dominieren, während es weiterhin Ziel der Redaktionen bliebe, lediglich den Adrenalinspiegel ihrer Verbraucher zu erhöhen.
Es berichteten Ewa Walas und Adrianna Kiryluk im Rahmen des Projektes „Junge Redaktion“ der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit