Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Polen begann Mitte der Zwanzigerjahre als ein privates Unternehmen. Die erste Radiosendung wurde am 1. Februar 1925 von der privaten Polnischen Radiotechnischen Gesellschaft (Polskie Towarzystwo Radiotechniczne) auf der Wellenlänge 385 m aus Warschau gesendet. Mit seinen regulären Sendebetrieb begann das Polskie Radio 1926. Heute betreibt Polskie Radio S.A. vier landesweite (Polskie Radio 1, 2 und 3 und 4) Hörfunkprogramme, einen internationalen Sender Polskie Radio dla Zagraniczy (Polnischer Rundfunk für das Ausland), sowie 17 regionale Sender. Im Jahr 2011 haben Polskie Radio 1-4 und der Auslandssender insgesamt 44.000 Stunden gesendet.

„Halo, halo Polskie Radio Warszawa, fale 480“ (dt. Hallo, Hallo hier ist der Polnische Rundfunk Warschau, Wellenlänge 480) waren die ersten Worte, mit denen Polskie Radio seinen regulären Sendebetrieb am 18. April 1926 begann. Erst am 20. November 1944 wurde Polskie Radio verstaatlicht. Die ersten Nachkriegsjahre wurden dem Wiederaufbau der Infrastruktur gewidmet. 1948 wurde Polskie Radio in das Centralny Urząd Radiofonii (dt. Zentrales Rundfunkamt), später in Komitet ds. Radiofonii (dt. Rundfunkkomitee) umbenannt.

Am 3. Oktober 1949 wurde das zweite landesweite Radioprogramm gestartet. Im September 1957 entstand als eine der ersten Einrichtungen dieser Art weltweit das experimentelle Studio der elektronischen Tonverarbeitung, das für Radio, TV, Film und für Komponisten arbeitete. Am 1. März 1958 startete das 3. Programm, das bis 1962 nur in Warschau zu empfangen war.  Am 2. Januar 1976 startete das 4. Programm.

Am 29. Dezember 1992 verabschiedete der Sejm ein „Rundfunk- und Fernsehgesetz”, mit dem beschlossen wurde, die Staatlichen Organisationseinheiten des Polnischen Rundfunks und Fernsehens” in 19 unabhängige Gesellschaften aufzuteilen: Telewizja Polska SA (Polnisches Fernsehen), Polskie Radio SA (Polnischer Rundfunk) und 17 regionale Gesellschaften des Polnischen Rundfunks. Eine Konsequenz des neuen Gesetzes war die Entstehung des Landesrates für Rundfunk und Fernsehen.

Das Polnische Radio hat in den letzten Jahren ähnliche Probleme wie das staatliche Fernsehen. Die Privatradios sind etabliert, sie sind Marktführer (RFM FM mit 24 Prozent und Radio Zet mit 16 Prozent Marktanteil), und sie sorgen somit für schwindende Werbeeinnahmen für den Öffentlichen Rundfunk. Man mag es kaum glauben, aber die vier landsweiten Wellen kommen zusammen genommen auf rund 21 Prozent Marktanteil, also weniger als der beliebteste kommerzielle Sender RFM FM. Diese Zahlen sind in den vergangenen Jahren konstant geblieben. Lediglich das dritte Programm Trójka kann kontinuierlich steigende Einschaltquoten (auf fast 9 Prozent im II. Quartal 2012) verzeichnen. Es kommt dennoch in einem Ranking der am stärksten meinungsbildenden Radiosender  Polens im ersten Halbjahr 2012 nur auf den vierten Platz, liegt aber damit unter den öffentlich-rechtlichen Radiosendern vorn.

Nachdem 2010 das Vorjahresbudget von 180 Millionen Złoty auf rund 135 Millionen Złoty gekürzt worden war, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu kämpfen. Damals bat das dritte Programm seine Hörer sogar um Spenden. Mit einem recht passablen Ergebnis: Innerhalb weniger Wochen wurden rund eine halbe Million Złoty gesammelt. Die Situation ist seitdem prekär, dem öffentlichen-rechtlichen Rundfunk in Polen fehlt es an finanzieller Stabilisierung, 2011 hatte Polskie Radio einen Verlust von 25 Millionen Złoty zu verzeichnen, das entspricht dem Betrag, um den die Zahlungen von Rundfunkgebühren zurückgegangen sind. Für das Jahr 2012 werden 26 Millionen Złoty Verlust erwartet, für 2013 sogar – wenn Regierung und Parlament nicht reagieren – 40 Millionen Złoty, was die Finanzliquidität der Gesellschaft gefährden würde.
Im Jahr 2011 hatte der Polnische Rundfunk von den Gebühren 131,7 Millionen Złoty erhalten. Im Vergleich zum vorangegangenen Jahr sind das mehr als 25 Millionen weniger, und über 40 Millionen weniger als im Jahr 2009. Die zweite große Geldquelle des Rundfunks sind Werbegelder, im vergangenen Jahr waren diese um 20 Prozent (8,4 Millionen Złoty) gestiegen.

Ein strukturelles Problem ist im Vergleich zu Deutschland die Tatsache, dass von den Bürgern kaum Rundfunkgebühren bezahlt werden. Von etwa 13 Millionen Haushalten zahlt nicht einmal eine Million die Rundfunkgebühren. Lediglich 175.000 Nutzer zahlen überhaupt regelmäßig. Die Verluste durch die fehlenden Gebühren belaufen sich insgesamt auf 2,1 Milliarden Złoty.
Großen Erfolg hat der Polnische Rundfunk im Internet zu verzeichnen: Die Hörerzahl hat sich in kürzester Zeit verdoppelt.


(16.08.2012 | Copyright: Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, 2012)