Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Polen wird von TVP (Abk. für Telewizja Polska, dt. Polnisches Fernsehen) repräsentiert. Es sendet ähnlich wie in Deutschland zwei nationale (TVP1 und TVP2) und 18 lokale Fernsehprogramme (TVP3 Regionalna), und betreibt das Auslandsfernsehen TV Polonia. Seit 2005 ist der Kulturkanal TVP Kultura in Betrieb. Darüber hinaus gibt es die Themenprogramme TVP Info (Nachrichtensender, seit 2007), TVP Sport, TVP Historia (Geschichte), TVP HD, TVP Seriale und TVP Parlament.

Im ersten Halbjahr 2012 hat ein Pole durchschnittlich 4 Stunden und 11 Minuten fern gesehen, genauso lange wie im ersten Halbjahr 2011. TVP1 war mit 16,35 Prozent (-2,65 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2011) der Sender mit dem größten Marktanteil. Der gesamte Marktanteil aller öffentlich-rechtlichen Fernsehsender betrug im genannten Halbjahr 35 Prozent, das sind etwa 3 Prozentpunkte weniger als im Jahr zuvor. Trotz der sinkenden Anteile konnten die privaten Fernsehsender TVP bislang nicht als Marktführer verdrängen. Damit unterscheidet sich die polnische Entwicklung deutlich von der in Tschechien, Ungarn und der Slowakei.

Im ersten Halbjahr 2012 ist weiterhin die Tendenz zu beobachten, dass die Zuschauer das Interesse an Sendern mit hohen Marktanteilen verlieren. Insgesamt gewinnen die Themensender wie TVP Historia, TVP HD und TVP Seriale zunehmend Zuschauer. So konnte TVP1 bisher vor allem aufgrund der Übertragung der EURO 2012 seine führende Position verteidigen.

Das jahrelang erfolgreiche Konzept des öffentlich-rechtlichen Fernsehens liegt in seiner dualen Finanzierung: Zum einen fließen TVP Fernsehgebühren zu, zum anderen lebt es von Werbeeinnahmen. Da jedoch einerseits die Zahlungsmoral bei den Rundfunkgebühren zu wünschen übrig lässt, und andererseits die Werbeeinnahmen der öffentlich rechtlichen Fernsehsender sinken, haben die Sender mit immer mehr finanziellen Schwierigkeiten und Kürzungen zu kämpfen.

TVP1 hatte 2012 in der ersten Jahreshälfte 24,4 Prozent und TVP2 19 Prozent weniger Werbeeinnahmen als im ersten Halbjahr 2011. Betrachtet man allerdings die Einnahmen während der Euro (1.-26. Juni) gesondert, so hat TVP1, der die EURO 2012 live übertragen hatte, für diesen Zeitraum ein Wachstum von 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Dennoch bleibt das öffentlich-rechtliche Fernsehen aufs erste Halbjahr gesehen trotz der Übertragungsrechte für die EM 2012 der größte Verlierer. Von den meinungsbildenden Fernsehsendern schafft es in diesem Zeitraum durchschnittlich höchstens einer (TVP1 oder TVP Info) auf den dritten Platz.


27.08.2012 | Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit