Seit der Aufhebung der Zensur und der Ermöglichung von Zeitungsneugründungen wurden in Polen nach 1990 über 7.500 neue Titel registriert, von denen jedoch viele längst wieder vom Pressemarkt verschwunden sind. Laut Schätzungen erscheinen in Polen täglich rund fünf Millionen Exemplare von Tageszeitungen. Zurzeit gibt es rund 20 überregionale und über 50 regionale bzw.  lokale Tageszeitungen, ferner etwa 300 überregionale und lokale Wochenzeitungen und eine Menge Anzeigen- und Amtsblätter. Trotz der Vielfalt kauft nur etwa jeder dritte Pole eine Tageszeitung.

Mit 39 Millionen Menschen ist der polnische Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt der mit Abstand größte in Ostmitteleuropa und nach dem russischen und dem ukrainischen der drittgrößte in ganz Osteuropa. Deshalb tummeln sich viele der großen westeuropäischen Verlage in Polen. Insbesondere deutsche Verlage haben früh investiert. Außer den deutschen spielt an ausländischen Verlagen nur noch die britische Mecom Group, der neben einigen Regionalzeitungen vor allem mehrheitlich die landesweite Rzeczpospolita gehört, eine wichtige Rolle, seitdem sich die schwedische Bonnier-Gruppe (Super-Express) 2006 aus dem polnischen Markt zurückgezogen hat.

1989 geriet die über Jahrzehnte überschaubare polnische Presselandschaft mit einer überwiegend der kommunistischen Partei unterstellten Presse ins Schwanken. Die Gespräche am Runden Tisch zwischen Kommunisten und Opposition im Frühjahr 1989 brachten nicht nur die ersten quasi freien Wahlen, sondern im Mai 1989 auch die Gründung der ersten freien Tageszeitung Gazeta Wyborcza [dt. Wahlzeitung]. Das Jahr 1990 brachte weitere Fortschritte auf dem Weg zur Pressefreiheit bzw. Pressevielfalt, u. a. hob der Sejm die Zensur auf und beschloss, den Pressekonzern RSW abzuwickeln. Es wurde die so genannte „Liquidationskommission“, ein polnisches Pendant der deutschen Treuhand, geschaffen. Die Kommission sollte u. a. dafür Sorge tragen, dass das Auslandskapital – gemeint war damit vor allem das deutsche – nicht allzu großen Einfluss auf die Presse in Polen gewann. Ein Vorhaben, das nicht gelang, denn mit dem Axel Springer Verlag (Fakt, Newsweek Polska), dem Bauer Verlag, dem G+J Verlag und der Verlagsgruppe Passau (Polska) haben deutsche Konzerne mittlerweile eine dominante Position in Polens Presselandschaft bezogen. Der Bauer Verlag, der 1991 als erster auf dem polnischen Markt investierte, gibt inzwischen rund 30 Titel mit einer Gesamtauflage von über sechs Millionen heraus.

Mit Axel Springer Polska betrat 1994 ein weiterer deutscher Großinvestor das Terrain. Den Markteintritt schaffte Springer mit dem Lizenzprodukt Newsweek Polska, einem Nachrichtenmagazin, das der Verlag im Jahr 2001 erfolgreich zwischen der liberalen Polityka und der konservativen Wprost platzierte.

Einen weiteren Coup landete Springer Polska im Oktober 2003, als es Fakt – eine polnische Variante der Bildzeitung – lancierte und zwar derart erfolgreich, dass Fakt den bisherigen Markführer Gazeta Wyborcza abgehängt hat. 2006 brachte Springer Dziennik auf den polnischen Markt.

In der Regionalpresse ist seit 1994 mit der Verlagsgruppe Passau ein weiterer starker Medienkonzern aus Deutschland vertreten, der in Polen unter dem Namen Polskapresse firmiert und neun Zeitungen herausgibt. Alle Titel kommen täglich immerhin auf ca. 380.000 verkaufte Exemplare. Doch damit will man sich nicht zufrieden geben. Ähnlich wie in Tschechien (Deník) versucht der Verlag seit Oktober 2007 auch überregional mitzumischen, um eine neue Leserschaft zu erschließen. Am 15. Oktober 2007 lancierte der Verlag die neue Tageszeitung Polska.

Die überregionale Tageszeitung Rzeczpospolita [dt. Die Republik] nimmt in der polnischen Presselandschaft eine Sonderstellung ein. 1982 als Regierungszeitung gegründet, galt sie nach der Wende lange als unabhängig und überparteilich. In letzter Zeit wird das Blatt dafür kritisiert, dass es sich von diesem Anspruch entfernt habe. 51 Prozent der Anteile des polnischen Qualitätsblattes gehören Mecom Group. Rzeczpospolita vertreibt 70 Prozent seiner Auflage (187.000) im Abonnement – das ist für Polen, wo die Tagespresse in der Regel am Kiosk gekauft wird, etwas äußerst Ungewöhnliches.

Das Jahr 2009 war für alle Titel ein schwieriges Krisenjahr. So sank die verkaufte tägliche Gesamtauflage aller Tageszeitungen im Jahresdurchschnitt um 105.000 Stück. Die linksorientierte Warschauer Tageszeitung Trybuna verkaufte 2009 täglich nur noch 20.000 Exemplare und musste am 4. Dezember 2009 ihr Erscheinen einstellen. Das Blatt, das 1990 aus dem Parteiorgan Trybuna Ludu [dt. Tribüne des Volkes] hervorgegangen war, hatte ein Minus von 25 Millionen Euro gemacht.

Einen Rückgang der Verkaufsauflagen haben auch fast alle großen Wochenmagazine zu verzeichnen, so sank diese bei Wprost von 155.973 Exemplaren (2008) auf 88.882 Ende 2009 um 43 Prozent. Die Polityka verkaufte im Jahresdurchschnitt neun Prozent weniger Hefte. Als einzige Wochenzeitschrift konnte Gość Niedzielny um sieben Prozent zulegen und hat mit 153.920 knapp die Polityka als Marktführer überholt.

2010 ist bei den Tagezeitungen insgesamt auf das Jahr gerechnet der Verkauf um 6,8 Prozent gesunken. Keine einzige hatte eine Steigerung zu verzeichnen. Am härtesten hat es Dziennik Gazeta Prawna mit einem Rückgang von 18 Prozent getroffen, gefolgt von Gazeta Wyborcza (10%), Fakt (6%) und Super Express (4%). Den geringsten Rückgang hatte Rzeczpospolita mit 3% zu verzeichnen.

Gazeta Wyborcza war die einzige Zeitung, die es nicht geschafft hat, im April 2010, als durch den Flugzeugabsturz von Smolensk der Verkauf der Medien angekurbelt wurde, eine höhere Auflage als im April 2009 zu verkaufen. Die Zeitung notierte im Grunde das ganze Jahr Rückgänge im Vergleich zum Jahr 2009. Alle anderen Tageszeitungen verzeichneten im April 2010 ein Wachstum, manche auch in den folgenden Monaten, doch insgesamt konnte keine von ihnen das Ergebnis vom Krisenjahr 2009 verbessern.

Der Verkauf der Wochenmagazine ist aufs Jahr gesehen um 7,7% gestiegen. Sechs Magazine haben eine Steigerung, drei einen Rückgang zu verzeichnen. Die größte Steigerung notiert Gazeta Polska mit 100 %, dann Tygodnik Angora (11%), Newsweek (9%), Gość Niedzielny (5%), Wprost (4%) und Przegląd (2%).

Den höchsten Rückgang erfuhr Przekrój (12 %), gefolgt von Tygodnik Powszechny (6%) und Polityka (1%). Drei Wochenmagazine wiesen Monat für Monat eine Verbesserung gegenüber dem Jahr 2009 auf: Gazeta Polska, Gość Niedzielny und Tygodnik Angora.


(07.10.2012 | Copyright: Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, 2012)